- In der diesjährigen Lohnrunde sollten die Löhne um mindestens zwei Prozent erhöht werden.
- Das verlangt Travailsuisse, der Dachverband der Arbeitnehmenden.
- Obwohl die Wirtschaft erfolgreiche Jahre hinter sich habe, seien die Löhne kaum gestiegen, so die Gewerkschaft.
In den letzten beiden Jahren mussten die Beschäftigten in der Schweiz im Schnitt Lohneinbussen hinnehmen. Und das, obschon die Wirtschaft auf Hochtouren lief und die Arbeitslosenquote tief war. Wegen der Teuerung sind die Reallöhne gesunken, Lohnbezüger konnten sich unter dem Strich weniger leisten.
Die vergangenen, «sehr erfolgreichen Jahre» seien an den Arbeitnehmenden vorbeigezogen, kritisiert denn auch Gabriel Fischer von Travailsuisse. Deshalb, so konstatiert der Gewerkschafter: «Es besteht ein gewisser Nachholbedarf bei den Löhnen.»
KOF: Langfristig stimmt das Verhältnis
In der Tat seien die Löhne nur wenig gewachsen, sagt Michael Siegenthaler, Arbeitsmarkt-Experte bei der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich. Weil die Löhne vor drei, vier Jahren aber vergleichsweise stark gestiegen seien, könnten die beiden letzten Jahre, in denen weniger Lohnerhöhungen bezahlt worden seien, auch als eine Art «Rückholeffekt» gedeutet werden.
Langfristig betrachtet seien die Löhne auf jeden Fall im Gleichschritt mit der Wirtschaftsentwicklung gewachsen, betont Siegenthaler.
Gewerkschaft pocht auf generell mehr Lohn
Trotzdem sieht Fischer von Travailsuisse Nachholbedarf, denn seit der Finanzkrise vor zehn Jahren hätten die Löhne de facto stagniert. «Sicher, es gab auch praktisch keine Teuerung. Jetzt aber hat die Teuerung wieder angezogen, doch bei den Löhnen hat die Trendwende noch nicht eingesetzt.» Deshalb fordert Travail Suisse mehr generelle Lohnerhöhungen.
In den vergangenen Jahren wurden nämlich vermehrt individuelle Lohnerhöhungen gewährt. Das müsse sich wieder ändern, fordert der Gewerkschaftsmann. «Sonst bleiben viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf der Strecke und haben im Endeffekt weniger Geld im Portemonnaie.»
Das sehen die Arbeitgeber anders
Doch auf genau diese von Travailsuisse ungern gesehenen individuellen Lohnerhöhungen setzen die Arbeitgeber auch in diesem Jahr. «Sie sind eine gute Sache, weil wir darin einen Anreizmechanismus sehen», sagt Simon Wey, Chefökonom des Arbeitgeberverbands.
Zwar räumt Wey ein, dass einzelne Branchen und Unternehmen durchaus die Löhne erhöhen könnten. Andere aber litten noch immer unter den Folgen der letzten Krise. Der Spielraum für manche Unternehmen sei kleiner, als es die derzeit gute Wirtschaftslage vermuten lasse.
Zudem zeichne sich wegen des Handelsstreits zwischen den USA und China bereits wieder neues Ungemach ab. Zusammen mit dem starken Franken belaste das die Exportwirtschaft.
Weniger Geld – weniger Konsum
Allerdings sollten auch die Arbeitgeber ein Interesse daran haben, dass die Bevölkerung gut verdient. Denn die beiden letzten Jahre mit Reallohn-Einbussen hinterlassen bereits Spuren beim Konsum. Das Portemonnaie vieler Leute sitzt nicht mehr so locker wie auch schon, zeigt eine Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft von Anfang Monat.
Doch auch die Unternehmen sind darauf angewiesen, dass die Leute Geld ausgeben, konsumieren und so die Wirtschaft in Schwung halten.