Die Intensivstationen füllen sich wieder. Vor allem mit Covid-Patientinnen und -Patienten. Die Lage sei besorgniserregend, sagte Patrick Mathys , Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit des BAG, am Dienstag vor den Medien. Jetzt sind die Betroffenen jünger – und meist ungeimpft. Einer, der die aktuelle Situation kennt, ist Peter Steiger. Er ist stellvertretender Leiter der Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich.
SRF News: Wie sieht es auf der Intensivstation der Unispitals Zürich derzeit aus?
Peter Steiger: Platzmässig ist es sehr, sehr eng. Ich habe gestern den ganzen Tag und auch die Nacht damit verbracht, Betten zu schaffen. Wir kriegen sehr viele Überweisungen von allen Spitälern im Kanton, aber auch von ausserkantonalen Spitälern. Und jeder Eintritt, den wir annehmen, heisst, dass wir einen anderen Patienten verlegen müssen, was teilweise extrem schwierig ist. Wir mussten viele Operationen verschieben. Wir sind also sehr, sehr voll.
Wo steht das Unispital Zürich im Vergleich zum letzten Herbst?
Unseren schlimmsten Tag hatten wir im Dezember. Wir hatten drei Intensivstationen voll mit Patienten mit Covid-19. So weit sind wir zum Glück noch nicht. Aber auch jetzt ist es so, dass wir auf der Intensivstation schon einen Viertel der Patienten mit Covid-19 hospitalisiert haben.
Es sind nicht die Geräteinfrastruktur oder die Räumlichkeiten, die uns an den Anschlag bringen, sondern das fehlende, gut ausgebildete Personal.
Wie hat sich die Ausgangslage verändert?
Die Patientinnen und Patienten sind jünger. Die jüngste Patientin im Moment ist 34-jährig und die meisten unserer Covid-19-Patienten sind ungeimpft. Das ist das, was von unserem Personal nicht ganz verstanden wird. Da wir die Situation ja kennen mit der Überlastung der Spitäler und das in Kauf genommen wird, ist das sehr schwierig für das behandelnde Personal bei uns.
Hätten Sie seit der ersten Coronawelle nicht Zeit genug gehabt, die Infrastruktur so auszubauen, dass Sie nicht wieder Operationen absagen müssen?
Das Ganze liegt wie in den ersten drei Wellen am Personal. Es sind nicht die Geräteinfrastruktur oder die Räumlichkeiten, die uns an den Anschlag bringen, sondern das fehlende, gut ausgebildete Personal. Wir haben einige Pflegende gehabt, die gekündigt haben, den Job gewechselt haben. Wir haben viele Krankheitsausfälle. Es ist sehr schwierig, Personal zu finden, da alle Spitäler das gleiche Problem haben. Und Personal auszubilden dauert zwei bis drei Jahre.
Wenn Sie auf die nächsten Wochen schauen, was geht Ihnen durch den Kopf?
Im Moment ist es wirklich ein «Copy-and-paste» vom Anfang der dritten Welle. Ich hoffe, dass es nicht mehr so schlimm wird wie damals. Gleichzeitig befürchten wir natürlich das Schlimmste und erwarten eigentlich, dass wir wieder in die gleiche Situation kommen wie vor einem Jahr.
Das Gespräch führte Balz Oertli.