Der Oeschinensee ist idyllisch, keine Frage. Und das Sujet teilen tausende Menschen in den sozialen Medien: Allein auf Instagram wurde der Hashtag #oeschinensee bisher fast 130'000 Mal erwähnt – beste Werbung für die Region rund um Kandersteg BE.
Aber auch Wanderer und Wanderinnen in Turnschuhen auf Bergwanderwegen sind zu sehen. Inhalte, die ein falsches Bild vermitteln und Gäste anlocken, die über die Verhältnisse am Berg schlecht informiert sind.
Es gibt Gäste, die mit Turnschuhen oder sogar mit Flipflops auf schwierigen Wegabschnitten unterwegs sind.
Eine Studie der Beratungsstelle für Unfallverhütung zeigt, dass ein beträchtlicher Teil der Befragten den Unterschied zwischen einem gelben und einem weiss-rot markierten Wanderweg nicht kennen. Bruno Maerten, Bezirksleiter Bern Ost des Vereins Berner Wanderwege, gibt zu bedenken: «Ich sehe immer wieder Gäste, die mit Turnschuhen oder sogar mit Flipflops auf schwierigen Wegabschnitten unterwegs sind.»
Unglück an Auffahrt schreckte auf
Er erlebt auch, dass Leute Absperrungen missachten. So wie an Auffahrt: Am 9. Mai 2024 waren viele Personen auf der Heuberg-Route oberhalb des Oeschinensees unterwegs.
Der Weg war wegen Nassschneelawinengefahr auf Informationstafeln und im Internet als gesperrt gekennzeichnet. Für viele war diese Information offenbar nicht deutlich genug.
Es kam zur Katastrophe: Eine Nassschneelawine löste einen Steinschlag aus, vier Personen wurden verletzt, ein Mann starb. Und 62 Menschen mussten mit dem Helikopter aus dem Gebiet geflogen werden.
Lilly Rüdel konnte zu Fuss zurückkehren. Die Studentin war mit zwei Freundinnen unterwegs und sagt gegenüber «Schweiz aktuell»: «Es waren so viele Leute unterwegs, dass wir dachten, das sei ein guter und sicherer Weg.»
Die Informationstafel mit dem Warnhinweis bei der Gondelbahn hätten sie nicht beachtet, gibt sie zu, kritisiert aber auch: «Es hätte klarere Hinweise geben müssen!»
Vielleicht haben wir die Auswirkungen des Oeschinensee-Hypes nicht richtig eingeschätzt.
Verantwortlich sind die Bergbahnen und die Gemeinden. Die Polizei stellte nach dem Unglück fest, dass ausreichend informiert worden sei. Doch René Maeder, der Gemeinderatspräsident von Kandersteg, möchte trotzdem handeln: «Im Nachhinein kann ich sagen: Vielleicht haben wir die Auswirkungen des Hypes um den Oeschinensee nicht richtig eingeschätzt.»
Und weiter: «Da kommen so viele Leute, da müssen wir mehr informieren.» Nun arbeitet er an einem einfachen Infoflyer für die Gäste aus aller Welt. Auch der Dachverband der kantonalen Wanderwegvereine hat eine Kampagne gestartet: Die Leute – auch die Einheimischen – sollen besser informiert werden über die Gefahren beim Wandern.
Doch Bruno Maerten vom Verein Berner Wanderwege sagt auch: «Es geht nur mit der Eigenverantwortung der Leute – man muss sich einschätzen können. Die Berge sind kein Spielplatz.»