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Behördenblödsinn: Bund streicht Bürgern den Geburtstag
Aus Kassensturz vom 03.04.2018.
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Menschen ohne Geburtstag Geboren am 00.00.00: Problem gelöst!

Aktualisierung vom 03.12.18

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Ist bei Schweizer Staatsangehörigen das Geburtsdatum nicht bekannt, so wurde bis anhin der 00.00.0000 in den Ausweis eingetragen. Das ändert sich ab 2019. Wie der Bundesrat mitteilte, wird bei solchen Personen künftig unter «Geburtsdatum» der 1. Januar eingetragen. Von dem Entscheid sind rund 800 Bürgerinnen und Bürger betroffen. Das Problem stellte sich beispielsweise bei Ausländerinnen und Ausländern, die eingebürgert wurden, aber ihr Geburtsdatum nicht kannten.

  • Schweizer Bürger, die ihr Geburtsdatum nicht kennen, erhalten Nullen im Pass.
  • Die Betroffenen geraten oftmals in Schwierigkeiten, nicht nur beim Zoll, sondern zum Beispiel auch beim Onlineshopping.
  • Die Ämter schieben einander die Verantwortung zu. Nun reagiert die Politik.

Geburtsdatum 00.00.68. Dieses merkwürdige Datum steht auf der neuen Identitätskarte der Schweizerin Jmiaa Quadrelli. «Ich dachte zuerst an einen Druckfehler», erzählt die gebürtige Marokkanerin gegenüber «Kassensturz». Doch das Passamt Aarau teilte ihr mit, das Datum sei korrekt. Das Amt stelle seit 2010 Identitätskarten und Schweizer Pässe mit solchen Geburtsdaten aus.

Das Passamt verweist auf die «Verordnung über die Ausweise für Schweizer Staatsangehörige». In Artikel 6 ist dort das Geburtsdatum geregelt. Unter Absatz 2 steht: «Ist der genaue Tag oder der Geburtsmonat unbekannt oder sind beide unbekannt, so werden die unbekannten Ziffern durch Nullen ersetzt.»

Geburtstag geklaut

Jmiaa Quadrelli kam in Marokko im Jahre 1968 zur Welt. In ihrem Geburtsland registrierten die Behörden damals jeweils nur das Geburtsjahr. Deshalb kennt Jmiaa Quadrelli ihren eigentlichen Geburtstag nicht. Als sie vor über 25 Jahren in die Schweiz kam und heiratete, erhielt sie den Schweizer Pass. Und zugleich ein genaues Geburtsdatum, den 01.01.1968. Seither feiert sie jeweils ihren Geburtstag an diesem Tag. Doch nun nimmt man ihr mit dieser Verordnung aus dem Jahr 2010 den Geburtstag wieder weg.

Seitdem gerät Jmiaa Quadrelli immer wieder in Schwierigkeiten. «Ich habe überall Probleme und muss stets dieses merkwürdige Geburtsdatum erklären.» Kürzlich wurde sie bei der Rückreise in die Schweiz beim Grenzübergang Rheinfelden aufgehalten und musste über eine Stunde am Zoll warten, bis sie weiterreisen konnte.

Schwierigkeiten gibt es auch im Alltag. Überall dort, wo sie ihr Geburtsdatum angeben und sich mit der Identitätskarte ausweisen muss, werde sie aufgehalten, erzählt Jmiaa Qaudrelli. «Das geschieht beim Geld abheben auf der Bank oder Post, am Flughafen, aber auch beim Beantragen einer simplen Kundenkarte musste ich mich vor dem Filialleiter erklären.» Aber nicht nur das. Auch im Internet gibt es Probleme. Ein Geburtsdatum mit 00.00.1968 akzeptieren die meisten Webseiten nicht. Es erscheint jeweils eine Fehlermeldung. Ein Onlineformular ausfüllen ist deshalb kaum möglich.

Eine Frau betrachtet eine Geburtstagskerze.
Legende: Geht es nach den Behörden, kann Jmiaa Quadrelli nie Geburtstag feiern. SRF

Keine Behörde fühlt sich zuständig

Jmiaa Quadrelli ist nicht die Einzige mit diesem Problem. Laut Fedpol gibt es in der Schweiz insgesamt 820 Schweizerinnen und Schweizer mit einem Geburtsdatum 00.00.

«Kassensturz» fragt bei den zuständigen Ämtern nach. Doch weder das Bundesamt für Polizei Fedpol noch das Bundesamt für Justiz oder auch nicht das Eidgenössische Justiz-und Polizeidepartement wollen gegenüber «Kassensturz» vor der Kamera Auskunft geben. Kein Amt fühlt sich verantwortlich. Das Bundesamt für Polizei Fedpol betont, man halte sich an eine internationale Norm eines Übereinkommens über die Zivilluftfahrt. Darin sei geregelt, wie mit unbekannten Geburtsdaten in Reisedokumenten umzugehen sei. «Die Norm gilt für alle Staaten und sollte Zollbeamten bekannt sein. Ein Schweizer Reisedokument mit einem solchen Geburtsdatum ist gültig», schreibt das Fedpol.

Nun reagiert die Politik

Kurt Fluri, Nationalrat und Präsident der Staatspolitischen Kommission, will das Problem nun im Rahmen der Staatspolitischen Kommission angehen. Dort hätte man hin und wieder einmal Fragen zu Ausweisen oder Themen mit der Fedpol, sagt der Nationalrat. Zudem würde er sich erlauben, in der kommenden Sommersession eine Interpellation zu diesem Thema einzureichen. «Das Problem ist, dass das in einer Verordnung geregelt ist. Für eine Verordnung ist der Bundesrat abschliessend zuständig. Wir werden höchstens konsultiert», erklärt Kurt Fluri. Wenn man einen Punkt aus einer Verordnung ändern wolle, müsse man dies mittels Motion auf Gesetzesebene hochheben, damit das Parlament zuständig sei. «Aber dazu braucht es Mehrheiten in beiden Kammern.»

Ein wenig Hoffnung besteht also für Jmiaa Quadrelli, dass auch sie wieder irgendwann einmal einen echten Geburtstag bekommt.

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