Das schöne Wetter lockte die Menschen am Auffahrtswochenende in Scharen ins Freie. Für die Polizei war es eine Herkulesaufgabe zu kontrollieren, ob die Massnahmen des Bundes eingehalten wurden. Urs Hofmann ist Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) und erläutert das Vorgehen der Polizei.
SRF News: Ausflüglerinnen und -ausflügler stürmten beispielsweise das Alpsteingebiet. Musste die Polizei am Auffahrtswochenende kapitulieren?
Urs Hofmann: Nein, kapitulieren musste sie nicht. Aber die Polizei kann nur das machen, was ihre Mannschaftsstärke hergibt. Sie war auf Patrouille in den Städten und an Hotspots, doch überall gleichzeitig kann sie nicht sein. Deshalb gibt es in solchen Ballungszeiträumen auch Orte, wo zu viele Leute nahe beisammen stehen und die Polizei noch nicht vor Ort ist.
Corona-Delikte sind Übertretungen. Da ist es nicht möglich, massenweise Leute zu verhaften.
War die Polizei schlecht vorbereitet?
Nein, aber Sie müssen sich vorstellen, wie gross die Schweiz ist, wie viele Leute sich an einem schönen Wochenende im öffentlichen Raum bewegen und wie gross unsere Polizeikorps sind. Die Polizei muss dort sein, wo man im Voraus weiss, dass wahrscheinlich zu viele Leute kommen. Wenn schliesslich an einem anderen Ort zu viele Leute sind, dann war sie vielleicht am falschen Ort. Das liegt in der Natur der Sache.
Es gibt Menschenansammlungen an Ausflugszielen, illegale Fussballspiele und Demonstrationen gegen die Massnahmen gegen die Verbreitung des Virus. Hat die Polizei einfach Angst vor einer Eskalation?
Nein, die Anti-Corona-Demonstrationen in Bern wurden unterbunden und auch in St. Gallen ist die Polizei eingeschritten. Dort, wo man rechtzeitig vor Ort ist und genügend Mannschaftsstärke mobilisieren kann, greift die Polizei ein.
Nicht die Polizei muss mehr tun. Die Leute müssen vernünftig sein, damit eine zweite Welle verhindert werden kann.
Umgekehrt muss man auch sehen, dass die Einsätze verhältnismässig sein müssen. Corona-Delikte sind Übertretungen. Da ist es nicht möglich, massenweise Leute zu verhaften. Man kann die Leute nur wegweisen und dafür sorgen, dass sie Vernunft walten lassen.
Der Vorwurf, die Polizei mache zu wenig, trifft nicht zu.
Die ganze Corona-Gesetzgebung basiert primär darauf, dass die Leute sich von sich aus daran halten und dass die Wirte die Vorgaben durchsetzen. Allein mit polizeilichen Massnahmen können die Vorschriften des Bundesrates nicht umgesetzt werden.
Müsste die Polizei nicht mehr tun, um eine zweite Welle zu verhindern?
Nicht die Polizei muss mehr tun. Die Leute müssen vernünftig sein, damit eine zweite Welle verhindert werden kann. Die Polizei macht unwahrscheinlich viel, wenn ich sehe, wie viel Leute im Kanton Aargau mit Sondereinsätzen im Einsatz sind. Der Vorwurf, die Polizei mache zu wenig, trifft nicht zu. Aber die Realität ist, dass die Polizei nicht gleichzeitig in der ganzen Schweiz überall präsent sein kann. Wenn Leute sich unvernünftig verhalten, liegt das Problem nicht bei der Polizei, sondern bei den Leuten, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten.
Die Tourismusbranche nimmt voraussichtlich in zwei Wochen ihren Betrieb auf, die wieder eingeführte Polizeistunde soll abgeschafft werden. Es werden noch mehr Menschen unterwegs sein. Trotzdem gelten weiterhin die Abstandregeln. Steht die Bewährungsprobe für die Polizei erst noch bevor?
Eine Bewährungsprobe hat sie bereits bestanden, wie ich meine. Je mehr die Massnahmen gelockert werden und je mehr eine gewisse Sorglosigkeit um sich greift, desto weniger einfach wird es für die Polizei. Wie gesagt: Die Polizei kann das Coronavirus nicht besiegen – es sind die Leute selbst, die richtig mit dieser Situation umgehen müssen.
Das Gespräch führte Claudia Weber.