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Miese Arbeitsbedingungen Kurierfirma benachteiligt die eigenen Angestellten krass

Kuriere des Zürcher Zentrallabors erhalten mickrige Löhne. Der Arbeitgeber stiehlt sich aus der Verantwortung.

Gerade mal sieben Wochen arbeitete Erika Z. als Kurierfahrerin bei einem Subunternehmen des Zürcher Zentrallabors: Der hektische Verkehr, massiver Zeitdruck, lange Schichten, kaum Pausen und andere widrige Arbeitsbedingungen setzten ihr zu, wie sie gegenüber «Kassensturz» schildert. Die alleinerziehende Mutter sah keinen anderen Ausweg als die Kündigung.

Doch ihr Arbeitgeber, der Chef einer Kurierfirma, verrechnete ihr auf der letzten Lohnabrechnung einen Parkschaden am Dienstfahrzeug als «Unfall» und zog dafür 1500 Franken ab – die Hälfte ihres mickrigen Lohns; an einem Auto mit knapp 300'000 Kilometern und unzähligen Vorschäden. Ein klarer Fall: Solche Pauschalabzüge sind nicht zulässig. «Der Arbeitgeber meldete den Schaden nie einer Versicherung an, und geflickt wurde er auch nicht», ergänzt Erika.

Spesenvergütung «Handgelenk mal Pi»

Ähnlich erging es Dietmar Z. Weil ihm der Chef immer wieder Spesen schuldig blieb, schmiss er den Bettel hin und kündigte. Darauf verklagte ihn der Chef mit hohen Forderungen: insgesamt 11'800 Franken.

Doch ein Gericht wies die Forderungen als unbegründet zurück und sprach Z. eine Entschädigung zu – doch das Geld blieb aus. Denn er betrieb seinen Ex-Arbeitgeber vergeblich: Das Betreibungsamt meldete, die Firma sei an einen unbekannten Ort weggezogen. Anstatt Geld zurückzubekommen, entstanden Z. weitere Kosten.

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Gefangen im Firmengeflecht von George Botonakis

George Botonakis heisst der Verantwortliche der Kurierdienste, die im Auftrag des Zürcher Zentrallabors tätig sind. Er sitzt im Zentrum eines umfangreichen Firmengeflechts. Verwirrend: Für den Labor-Kurierdienst ist er gleich mit mehreren Firmen aktiv.

Die Wirtschaftsdatenbank Teledata stuft seine Kreditwürdigkeit als sehr tief ein. Hinzu kommen konkursite Firmen, die zwischenzeitlich am Kurierdienst beteiligt waren. In diesem Verwirrspiel sind die Kurierfahrer die Verlierer: Denn wie können sie Geld von einer Firma zurückerhalten, deren Sitz unauffindbar ist und aus der George Botonakis längst ausgestiegen ist?

Service

«Kassensturz» spricht mit mehreren Kurier-Fahrern. Sie bestätigen die widrigen Arbeitsbedingungen und die ungerechtfertigten Lohnabzüge. Das Zentrallabor als Auftraggeber wisse um die Missstände. Passiert sei gar nichts.

AHV-Gelder vom Lohn abgezogen aber nicht einbezahlt

Brisant: Auf den Lohnabrechnungen der Kuriere werden zwar AHV-Gelder vom Lohn abgezogen. Die Sozialversicherungsanstalt (SVA) jedoch stellt fest: Die Beiträge sind nicht bei ihr eingetroffen. Ein Blick ins Betreibungsregister zeigt: Auch die SVA fordert Geld – von der Firma, die unauffindbar ist und aus der Botonakis schon ausgetreten ist.

George Botonakis streitet sämtliche Vorwürfe ab

Sämtliche Lohnabzüge seien rechtens, die Sozialversicherungsgelder zahle er «selbstverständlich» nicht ein, weil «die SVA immer wieder Fehler» mache, so Botonakis gegenüber «Kassensturz». Die Löhne, die er bezahle, seien branchenüblich. Und die Benzinkosten rechne die Firma «zum Wohl der Mitarbeiter» ab.

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