Vor dem Zivilgericht des Saanebezirks hat heute der Prozess gegen den russischen Ölmilliardär und Besitzer des Fussballklubs Chelsea, Roman Abramowitsch, seinen Geschäftspartner und Milliardär Eugene Schwidler sowie das russische Unternehmen Gazprom Neft begonnen.
Kurz vor 9 Uhr traf Abramowitsch im Gericht ein. Der 52-jährige in dunkelblauem Anzug und weissem Hemd spazierte umringt von seinen sieben Anwälten wortlos an den Journalisten vorbei. Er lächelte freundlich und betrat das von rund 20 Polizisten bewachte Gebäude unweit des Bahnhofs.
Entwicklungsbank will Geld zurück
Klägerin ist die Europäische Entwicklungsbank (EBWE). Sie fordert 46 Millionen Franken aus einem Kredit zurück, der 1997 an die russische Bank SBS Agro zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen in Russland gegangen war. Die SBS Agro ging pleite, hatte aber ausstehende Forderungen bei der Freiburger Ölhandelsfirma Runicom, die wiederum Abramowitsch und seinem Geschäftspartner gehörte. Runicom vermarktete Öl der russischen Firma Sibneft, die mittlerweile zu Gazprom gehört.
Ein früheres Verfahren
Ein russisches Gericht hatte die Firma Runicom bereits 2002 verurteilt, diesen Kredit zurückzuzahlen. Kurz darauf ging das Unternehmen in Konkurs, transferierte aber vorher sein Vermögen von Freiburg nach Gibraltar. Um doch noch an ihr Geld zu kommen, wandte sich die Entwicklungsbank an die Freiburger Justiz.
Ein vertrackter Fall
Der Fall ist keine leichte Aufgabe für Gerichtspräsident Stéphane Raemy. Die 20 anwesenden Anwälte legen jedes Wort auf die Waagschale. Ein falsches Wort könnte den Prozess zum Platzen bringen. Mit Journalisten verkehrte der Richter im Vorfeld nur schriftlich – mit Kopie an alle beteiligten Anwälte.
Zwei juristische Gutachten
Die Luft im kleinen Gerichtssaal war schon nach wenigen Minuten dick. Bald empörten sich die Anwälte der Beschuldigten, der Saal werde der Bedeutung des Prozesses nicht gerecht. Auch zweifelten sie an der Kompetenz der Dolmetscher. Und ganz allgemein an der Zuständigkeit des Freiburger Gerichtes. Gleich zwei juristische Gutachten landeten auf dem Tisch des Gerichtspräsidenten. Dieser atmete tief durch, blieb aber ruhig.
Abramowitsch als Bauernopfer?
Der Prozess sei eine Farce, kritisierte der Anwalt von Abramowitsch. Weil sein Mandant vermögend sei, werde er zum Bauernopfer gemacht. Er hoffe, die Freiburger Justiz lasse sich durch Politik und Medien nicht unter Druck setzen. Der Anwalt der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sprach nur wenig.
Nach anderthalb Stunden unterbrach Gerichtspräsident Raemy die Verhandlung. Beide Parteien haben jetzt eine Woche Zeit, die Gutachten zu studieren, bevor der Prozess fortgesetzt wird. Dies wird wohl ohne den russischen Oligarchen geschehen. Er verschwand aus dem Gericht in Freiburg – so unauffällig wie er gekommen war .