Das Wichtigste in Kürze
- Ein Trick des Internet-Milieus: Unter unverdächtigen Internetadressen taucht ein völlig anderer Inhalt auf, meist Werbebotschaften.
- Bei der ehemaligen Webseite eines Berner Hebammendienstes sind es Sexinserate. Der Domain-Name war verwaist, ein Anbieter aus Russland hat ihn sich unter den Nagel gerissen.
- Wer sich daran stört, kann bei der Polizei Anzeige erstatten. Unter Umständen verstossen solche Seiten gegen das Gesetz.
«Das ist die Höhe: Unter einem falschen Verpackungsnamen werden hier Leute auf eine Seite gelockt, die das nicht wollen», ärgert sich Patricia Diermeier. Sie betreibt das Internetportal «Babywelten».
Ein Leser habe sie auf das Problem aufmerksam gemacht, dass unter der scheinbar harmlosen Adresse der Berner Hebammenzentrale, auf die auch Diermeiers Portal hingewiesen hatte, pornografische Bilder und eindeutig zweideutige Inserate erscheinen.
Einst eine seriöse Seite
Das war nicht immer so: Ursprünglich verbarg sich hinter der Adresse tatsächlich auch das, was sie verspricht: Eine Hebammen-Vermittlungsstelle. Die Seite wurde aber laut der Organisation Switch, welche die ch-Adressen verwaltet, eingestellt.
Seit Kurzem gehört sie nun einem angeblich in St. Petersburg in Russland lebenden Mann – und dieser versucht offensichtlich, ahnungslose Ratsuchende mit seinem nicht jugendfreien Angebot zu überrumpeln.
Anzeige bei der Polizei könnte sich lohnen
Patricia Diermeier sagt, sie habe den Link umgehend gelöscht, nachdem sie den Hinweis auf den neuen Inhalt der Seite bekommen habe. Sie fragt sich nun, wie man dagegen vorgehen könnte.
Beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) heisst es, es komme ab und zu vor, dass sich jemand eine unverdächtige Adresse sichere, um seine Werbebotschaften oder pornografischen Inhalte zu publizieren. Wer sich daran störe und auch einen Gesetzesverstoss vermute, könne die Seite bei der Kantonspolizei des Wohnortes melden: «Diese prüft, ob ein Straftatbestand vorliegt und je nachdem, ob man die Seite sperren oder löschen müsste», erklärt Florian Näf, Mediensprecher des Fedpool.
Kein Schutz und Irreführung
IT-Jurist David Rosenthal nimmt einen Augenschein der anstössigen «Hebammen»-Seite und stellt fest: Es handelt sich hier nicht um verbotene Pornografie. Aber er sieht zwei Möglichkeiten, um rechtlich gegen den Anbieter vorzugehen.
Einerseits die Bestimmung im Strafgesetzbuch, wonach Pornografie nicht unaufgefordert und ohne Warnung gezeigt werden dürfe, wie in diesem Fall. Andererseits verbiete das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eine Irreführung, wie in diesem Fall, wo man angesichts der Adresse eindeutig eine Hebammenvermittlung erwarte.
Eine solche Adressen-Inhalts-Schere im Internet gibt es übrigens auch unter einer ähnlichen Adresse für eine Zürcher Hebammenvermittlung. Hier ist der Inhalt allerdings gänzlich jugendfrei: Ein Cateringunternehmen bietet Apéro-Häppchen an.