Es war bis heute die grösste Wolfsjagd in der Geschichte der Schweiz: Im Winter haben Jägerinnen und Jäger über 50 Wölfe geschossen.
Möglich ist das durch eine Änderung der Jagdverordnung Anfang November, die der Bundesrat gutgeheissen hat. Damit können Wölfe im Winter präventiv abgeschossen werden, also bevor sie Schaden angerichtet haben.
Ausserdem dürften die Kantone «in begründeten Fällen» auch ganze Rudel beseitigen. Das, «um zukünftigen Schaden zu verhüten, und nicht erst, nachdem Schaden entstanden ist», sagte damals Umweltminister Albert Rösti vor den Medien. Der Kanton Wallis tötete daraufhin 27 Wölfe.
Die Abschüsse waren unselektiv.
Bisher hielten die Kantone die Einzelheiten zu den Wolfsabschüssen zurück. Nun hat das Wallis in diesen Tagen eine detaillierte Liste der geschossenen Tiere veröffentlicht, wie der «Tagesanzeiger» berichtete. Sie offenbart: Die meisten geschossenen Wölfe haben zuvor keine Nutztiere gerissen.
Das sei problematisch, findet David Gerke, Geschäftsführer der Gruppe Wolf Schweiz: «Die Liste zeigt, dass diese Abschüsse unselektiv gewesen sind.» Es sei eine «Quotenjagd» und keine Regulierung von Wölfen gewesen, die tatsächlich schadenstiftend seien.
Besonders unter die Lupe genommen hat der Wolfshüter das Augstbordrudel, ein Problemrudel nahe der Kleinstadt Visp. Bei keinem der elf Wölfe des Rudels, die geschossen wurden, konnten Risse zugeordnet werden.
Und die beiden Wölfe, die hauptsächlich für die Schäden des Augstbordrudels verantwortlich sind, überlebten die Wolfsjagd. «Man hat einfach Wölfe geschossen, die man gefunden hat, und nicht jene, die tatsächlich Schaden verursacht haben», kritisiert Gerke.
Unterschiedliche Ziele
Weiter findet der Wolfshüter, Abschüsse würden nur dort Sinn ergeben, wo trotz Herdenschutzmassnahmen Wölfe Schäden verursachen oder drohen, Schäden zu verursachen. «Um diese Wölfe zu erwischen, muss man sie aber gezielt und selektiv in dieser Situation schiessen, in der sie das unerwünschte Verhalten aufweisen», fordert der Wolfshüter. Nur dann könne man das Verhalten der Wölfe ändern.
Gemäss Gerke wäre also am besten, auf der Lauer zu liegen und zu warten, bis sich eines der Grossraubtiere unerwünscht verhält, um es dann umzulegen. Das benötigt viel Zeit und Aufwand, was wohl der Kanton Wallis nicht hat. Er verfolgt ein anderes Ziel, wie er auf Anfrage schriftlich mitteilt: «Präventivabschüsse haben das Ziel, die Wolfspopulation in Rudelgebieten zu regulieren, aber keinesfalls bestimmte Tiere zu schiessen.»
Sowohl Gerke als auch der Kanton Wallis sind sich einig: Macht ein Wolf viele Probleme, soll er geschossen werden. Aber das Wallis will in erster Linie den Bestand reduzieren, während Gerke von der Gruppe Wolf Schweiz fordert, nur dasjenige Tier zum Abschuss freizugeben, das grossen Schaden angerichtet hat.
Der Ball liegt nun beim Bundesverwaltungsgericht, das eine Beschwerde von mehreren Umweltschutzorganisationen behandelt. Es entscheidet, wie es mit der Wolfsjagd – vielleicht schon im nächsten Herbst – weitergeht.