- Am Bezirksgericht in Winterthur ist ein 79-jähriger Mann aus Serbien wegen Mordes angeklagt.
- Er soll im Jahr 2021 die Frau seines Enkels erschossen haben. Die 32-Jährige hatte zuvor die Scheidung eingereicht.
- Die Staatsanwaltschaft bezeichnet die Tötung der 32-jährigen dreifachen Mutter in der Anklageschrift als «regelrechte Hinrichtung».
Der Angeklagte plädierte vor dem Bezirksgericht Winterthur, er habe die Frau seines Enkels in Notwehr erschossen. Denn die 32-Jährige sei mit einem Messer mit einer Länge von 35 oder 40 Zentimetern auf ihn zugekommen. «Sie hätte mich abgeschlachtet.» Am Tatort sei aber kein Messer gefunden worden, merkte der vorsitzende Richter an. Das habe irgendjemand eingepackt, entgegnete der Beschuldigte.
Vor diesem 16. Februar 2021 habe er nie geschossen, nicht einmal in die Luft, führte der Beschuldigte weiter aus. Er habe die Waffe einfach immer bei sich haben wollen und sie auch in die Schweiz und zum unangekündigten Besuch in Winterthur mitgenommen.
Version des Beschuldigten laut Staatsanwaltschaft unglaubhaft
«Er versucht offenkundig, sich als Opfer hinzustellen», sagte die Staatsanwältin und bezeichnete die Version des 79-Jährigen als unglaubhaft. Ein Messer habe er in ersten Einvernahmen nicht erwähnt, sondern dieses erst später angeführt. Zudem sei am Tatort gar kein Messer sichergestellt worden.
Auch die Abgabe der Schüsse – gemäss Anklage drei gezielt in den Oberkörper, drei in den Kopf – spricht gemäss Gutachten gegen die Version des 79-Jährigen. Der Beschuldigte habe die Tat geplant und dann zielgerichtet, skrupellos und grausam ausgeführt, zeigte sich die Staatsanwältin überzeugt.
Wir haben uns immer gut verstanden, bevor ich sie erschossen habe.
In der weiteren Befragung des Mannes blieb einiges unbeantwortet, anderes wirr. Er habe die Frau des Enkels wie eine eigene Tochter geliebt, sagte der 79-Jährige in der Befragung. «Wir hatten nie Streit, nie Diskussionen – wir haben uns immer gut verstanden, bevor ich sie erschossen habe.»
Staatsanwaltschaft erkennt egoistische Motive des Beschuldigten
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, die Frau seines Enkels aus krass egoistischen Motiven regelrecht hingerichtet zu haben: Der Grossvater habe seine Wertvorstellungen und die Familienehre verletzt gesehen, da die Frau gegen den Willen der Familie in die Schweiz gereist war, sich scheiden lassen wollte und eine aussereheliche Beziehung eingegangen war.
Opfer und Enkel hatten drei Kinder
Das Opfer und der Enkel des Beschuldigten waren seit 2007 verheiratet und hatten drei Kinder. Die Ehe war jedoch gemäss Anklage voller Konflikte. Im Juni 2020 reichte sie die Scheidung ein, kurz darauf ging sie zudem zur Polizei und zeigte ihren Noch-Ehemann wegen Drohung an.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen Mordes sowie eine Landesverweisung von 10 Jahren. Der Verteidiger plädierte auf einen Freispruch vom Mordvorwurf; einzig wegen Vergehens gegen das Waffengesetz sei sein Mandant mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Das Bezirksgericht Winterthur wird das Urteil voraussichtlich am Donnerstag eröffnen.