Eigentlich ist es ganz normal, dass an der Hochschule Musik in Luzern Studentinnen und Studenten aus verschiedensten Ländern miteinander proben oder auftreten. Doch in Kriegszeiten ist vieles anders. Plötzlich ist es eine besondere Situation, wenn junge Menschen aus Russland an derselben Hochschule lernen wie solche aus der Ukraine.
Freundschaft über die Grenzen hinweg
«Wir sind keine Politiker», sagt die Ukrainerin Maria Perekrestenko. Die Geigerin und Sängerin ist aber trotzdem überzeugt, ein Zeichen gegen den Krieg setzen zu können. «Wir machen, was wir können. Wir machen Musik.»
Musik als Beitrag gegen den Krieg. Das heisst in ihrem Fall, zusammen mit anderen Studierenden zu spielen, die aus Russland oder auch aus dem mit Russland verbündeten Belarus stammen. Die Musikerinnen und Musiker könnten im Kleinen aufzeigen, dass die Völker, die jetzt im Krieg gegeneinander stehen, eigentlich nahe verbunden wären: «Ich bin froh, dass ich sie hier als echte Freundinnen und Freunde habe. Das ist unschätzbar wertvoll für mich», sagt Maria Perekrestenko.
Es sind rund 20 Studierende, alle osteuropäischer Herkunft, die sich über die Grenzen der verfeindeten Länder hinaus zusammengetan haben, und dies auch öffentlich aufzeigten – an einem Benefiz-Konzert in einer Kirche in der Stadt Luzern. Es sei ihr wichtig, Stellung zu beziehen, sagt die russische Pianistin Anna Zaychenko. «Ich verurteile diesen Krieg.» Und deshalb habe sie sich auch dafür eingesetzt, dass dies so auf dem Flyer zum Konzert geschrieben stand. «Damit man nicht einfach nur sagt: Wir sind zusammen und das ist schön. Ich denke, dass das im Moment viel zu wenig ist.»
Sorgen um Familie
Ähnlich sieht es auch der Kontrabassist Aleksei Charkov. Er stammt aus Belarus, dem Land, das sich auf die Seite Russlands gestellt hat. «Wir müssen zeigen, dass wir gegen den Krieg sind. Gegen Putin und Lukaschenko», sagt er bestimmt. Er sei froh, dass er dies hier so offen sagen könne. Seine Familie in Belarus sehe es zwar gleich, aber es wäre zu gefährlich, es auszusprechen. Wer protestiere, müsse mit einer harten Strafe rechnen. «Man kann leicht fünfzehn Jahre Gefängnis bekommen.»
Der belarussische Musiker sorgt sich aber auch sonst um seine Familie. «Sie hören immer militärische Flüge und sehen Panzer. Denn meine Stadt liegt nahe an der russischen und an der ukrainischen Grenze.» Er habe Angst um sie, sagt Charkov.
Musik gibt Hoffnung und Kraft
Die Angst. Sie treibt auch den russischen Pianisten Mikhail Krasnenker um. «Alle haben Angst. Das ist die Emotion, die wir alle aus Russland, aus Belarus und aus der Ukraine jetzt fühlen.» Zusammen Musik zu machen, soll diese Angst überwinden helfen. Und Hoffnung geben.
Und auch Mut. «Ich fühle mich stärker, wenn wir miteinander spielen», sagt die Ukrainerin Maria Perekrestenko über die russischen und belarussischen Musikerinnen und Musiker, mit denen sie auf der Bühne steht. «Sie geben auch mir Kraft.» Kraft, von der es in diesen schwierigen Zeiten besonders viel braucht.
Fast 30'000 Franken gesammelt
Die Musikstudentinnen und -studenten möchten mit ihrem Engagement aber auch zur konkreten Hilfe für Kriegsbetroffene beitragen. Am Solidaritätskonzert für die Ukraine, das der Kulturveranstalter Urban Frye zusammen mit der Gemeinnützigen Gesellschaft Luzern organisiert hat, ist ihnen das gelungen: Es sind rund 28'500 Franken Spenden für die Glückskette gesammelt worden.