Die Abrechnung der Mehrwertsteuer sei kompliziert. Das wurde und wird von der Wirtschaft immer wieder bemängelt. Der Bundesrat hatte deshalb vorgeschlagen, nur noch einen, statt drei Steuersätze anzuwenden. Dieser Vorschlag fiel im Parlament aber durch.
Es brauche zwei Steuersätze, war die Forderung und der Auftrag an den Bundesrat: einen normalen und einen reduzierten – unter anderem für die Hotellerie.
Heute hat der Bundesrat die Botschaft zu diesem Zwei-Satz-Modell bekannt gegeben. Er schlägt dem Parlament zwei Varianten vor:
1. Ein tieferer Steuersatz nur für Nahrungsmittel, Gastgewerbe und Hotellerie.
2. Die zahlreichen bisherigen Ausnahmen bleiben, neu kommen Verbilligungen für Restaurants und Hotels dazu.
Weiterhin unbesteuert bleiben bei beiden Vorschlägen das Gesundheitswesen, die Bildung, die Kultur, der Sport und wohltätige Organisationen.
Tiefsten Ansatz erhöhen
Der normale Ansatz für die Mehrwertsteuer beträgt heute acht Prozent. Zahle nun die Hotellerie zusätzlich nur noch 2,5 Prozent entstehe ein Loch von rund 760-810 Millionen Franken. Das könne der Bundeshaushalt nicht verkraften, ist der Bundesrat überzeugt. Damit dies nicht passiert, müsse der reduzierte Satz von heute 2,5 Prozent angehoben werden. Auf 2,8 bis 3,8 Prozent. Je nachdem welche Variante das Parlament bevorzugt.
Entlastung für Reiche
Sowohl die Minimal- als auch die Maximalvariante hätten laut dem Bundesrat «geringfügige Auswirkungen» auf die Portemonnaies von Herr und Frau Schweizer. Jedoch: Wer viel in Hotels übernachtet oder auswärts isst, profitiert mehr. Wer wenig verdient, würde stärker belastet.
Dieser Vorschlag geht nun ans Parlament und wird dort einiges zu reden geben. Bereits tönt es von links und rechts sehr kritisch.
Das sei «weder Fische noch Vogel», erklärte FDP-Präsident Philipp Müller gegenüber Radio SRF. Nur mit einem Einheitssatz könne das «Bürokratie-Monster Mehrwertsteuer» vereinfacht werden. Ähnlich tönt es bei Economiesuisse. Das Modell bringe «kaum Vereinfachungen, aber neue einseitige Privilegien», schreibt der Wirtschaftsdachverband. Auch er macht sich für einen Einheitssatz stark.
Die Vorlage sei intransparent und bringe dem Gastgewerbe nichts, ist SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer überzeugt. Sie belaste die unteren Einkommen mehr. «Der Bundesrat täte gut daran, die Vorlage gleich wieder zu beerdigen.»
Etwas verhaltener ist die Reaktion bei der SVP. Für sie ist das Zwei-Satz-Modell ein «möglicher Weg», den sie klar gegenüber dem Einheitssatz favorisiert. «Kritisch sind wir gegenüber einem reduzierten Satz», sagte SVP-Generalsekretär Martin Baltisser gegenüber der Nachrichtenagentur SDA.
Wirte, Hotelbesitzer und die CVP erfreut
Nur die CVP ist zufrieden. Die Partei setze sich seit langem für das Zwei-Satz-Modell ein, sagte Präsident Christophe Darbellay. Die Anwendung des von der Regierung lange Zeit bevorzugten Einheitssatzes hätte einen massiven Anstieg der Preise für Dinge des täglichen Bedarfs zur Folge.
Wenig erstaunlich: Positiv tönt es bei Branchenverbänden des Tourismus. Diese vorgeschlagene Reform der Mehrwertsteuer komme einer zentralen Forderung von Hotelleriesuisse nach, heisst es in einer Mitteilung. Beherbergungs- und Restaurationsleistungen würden so in einem tieferen Steuersatz gebündelt.
Auch Bundesrat nicht glücklich
Selbst der Bundesrat skeptisch: Er kritisiert, dass mit einem Zwei-Satz-Modell bei der Mehrwertsteuer die Schere zwischen Normal-Satz und reduziertem Satz weiter aufgehe. Die administrativen Kosten würden nicht gesenkt.
Immerhin: Nun könne öffentlich diskutiert werden, welche Güter und Dienstleistungen von einem tieferen Mehrwertsteuersatz profitieren sollen und welche nicht.
Diese Diskussion wird zuerst das Parlament führen. Je nach Entscheid, wird das Volk, das letzte Wort haben.