Am 8. Juni 2016 befragt die Kantonspolizei Zürich den mutmasslichen Täter über den Ort, wo er die Leiche abgelegt hat. Das zeigen die Befragungs-Protokolle, die SRF vorliegen:
Polizist: «Wo haben Sie die die Leiche ausgeladen?»
Luiz R.: «Ich machte den Kofferraum auf. Dabei fiel die Leiche aus dem Wagen. Ich holte den Gürtel vom Boden bei den Rücksitzen hervor und montierte ihn wieder am Handgelenk. In der Folge zog ich die Leiche etwa 8 Meter durch ca. 10 Zentimeter hohes Unterholz. Ich legte die Leiche dann hinter einem Baumstrunk ab. Zuerst legte ich Laub auf die Leiche. Danach brach ich Äste ab und legte sie ebenfalls darüber.»
Polizist: «legten Sie ihn auf den Bauch oder auf den Rücken?»
Luiz R.: «Ich habe ihn auf den Rücken gelegt.»
Polizist: «Wohin fuhren Sie dann?»
Luiz R.: «Das ist eine gute Frage.»
Wo liegt die Leiche von Gino Bornhauser? Über 150 Polizistinnen und Polizisten der Kantonspolizei Zürich und Schaffhausen suchten vom 24. bis 26. April 2016 in der Nähe von Eglisau nach dem vermissten Rentner. Die Suche leitete Marcel Frei. Die Kantonspolizei Zürich filmte einen grossen Teil der Suchaktion und stellte einen Teil des Filmmaterials SRF zur Verfügung.
Mörder sah Polizeiauto mit Blaulicht
Polizist: «Ist Ihnen an der Stelle, wo sie die Leiche abgelegt haben, etwas Spezielles aufgefallen?»
Luiz. R. «Mir ist ein Auto mit Blaulicht und Sirene aufgefallen. Meiner Meinung nach war es ein Polizeiauto.»
Im Polizeiauto sass ein deutscher Polizist, er war mit Sirene und Blaulicht unterwegs. Nachts, in der Nähe von Wasterkingen, Deutschland. Dies ergaben die Ermittlungen der Polizei. «Wir recherchierten alle Polizeieinsätze der Nacht, in der Luiz R. die Leiche entsorgte, und fanden tatsächlich ein Einsatzfahrzeug, das mit Blaulicht und Sirene in der Region Wasterkingen unterwegs war», erklärt Peter Stumböck vom deutschen Kriminalkommissariat Waldshut-Tiengen gegenüber SRF. «Somit konnten wir den ungefähren Ort bestimmen, von wo aus Luiz R. das Auto gesehen haben muss.»
Klar ist auch: Luiz R. überquerte die Grenze in Wasterkingen am Samstag, 23. April 2016, um 03:14 Uhr Richtung Schweiz. Dies zeigen laut der Polizei Aufnahmen der Kamera beim Grenzübergang. Es ist wahrscheinlich, dass Luiz R. zu diesem Zeitpunkt die Leiche bereits entsorgt hatte, denn auf die Frage des Polizisten, wie lange die Fahrt von Wasterkingen nach Hause dauerte, sagte Luiz R. «etwa 15 Minuten.» Allerdings: Die Strecke zwischen Wasterkingen und Rafz, wo Luiz R. wohnte, beträgt nur 6,4 Kilometer.
Die Fahrt dauert normalerweise etwas über fünf Minuten, das zeigen Berechnungen von SRF mit digitalen Routenplanern. Somit ist klar, dass die Zeitangabe von Luiz R. nicht zutrifft. Es erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, dass Luiz. R. die Leiche von Gino Bornhauser entsorgte, bevor er die Grenze Richtung Schweiz überquerte. «Wir gehen davon aus, dass die Leiche auf deutschem Gebiet deponiert wurde» sagt Peter Stumböck vom deutschen Kriminalkommissariat Waldshut-Tiengen.
Luiz R. erinnert sich plötzlich an weitere Details
Zürich, Einvernahme beschuldigte Person, 13. Oktober 2016, 11:32 Uhr:
Polizist: «Wollen Sie, dass man Gino Bornhauser findet?»
Luiz R. «Ja.»
Polizist: «Offenbar ist Ihnen noch etwas in den Sinn gekommen über den Ablageort von Gino Bornhauser, dort wo sie ihn hingelegt haben?»
Luiz R.: «Ich habe meinem Anwalt schon gesagt, dass dort nebenan ein abgeschnittener Baum lag. Nebendran habe ich ihn hingelegt. Und genau hinten dran sind so 50 Tannenbäume (eine Zucht von kleinen Tannenbäumen). Um die Tannenbäume hat es einen Zaun.»
Luiz R. erstellt Plan-Skizzen mit dem Anfahrtsweg und dem Ort, wo er die Leiche deponiert hat. Auf seiner Fahrt zum Ablageort fuhr er bei einem Bauernhaus und Feldern vorbei. Die Zeichnungen liegen SRF vor:
Aufgrund der umfangreichen Angaben von Luiz R. führte die Polizei sowohl auf Deutscher wie auch auf Schweizer Seite eine Suchfahrt durch. «Die schweizer Kollegen übergaben uns Luiz R. beim Grenzübergang Günzgen. Danach fuhren wir mit ihm zum Tatort, wo er Gino Bornhauser getötet und anschliessend in das Auto eingeladen hat», erklärt Peter Stumböck. «Wir wollten so den Weg rekonstruieren, der Luiz R. mit der Leiche im Auto zurücklegte.»
Bei der ersten Weggabelung war sich Luiz R. ganz sicher, dass er geradeaus fuhr. «Doch danach konnte er bei keiner Weggabelung mehr mit Sicherheit sagen, in welche Richtung er fuhr», sagt Peter Stumböck, der die Fahrt mit dem mutmasslichen Mörder durchführte, begleitet von einem zweiten Polizeiauto, neben ihm der an den Händen und Füssen gesicherte Luiz R. .
12 Stunden Suchfahrt nach einer Leiche im Wald
Insgesamt 12 Stunden dauerte die Suchfahrt mit Luiz R. 120 Kilometer Strassen und Waldwege wurden abgefahren, ohne Erfolg. «Die Wahrscheinlichkeit, dass Überreste von Gino Bornhauser noch gefunden werden, ist gering. Es ist wahrscheinlich, dass Wild diese Überreste weit verstreut hat und kaum mehr gefunden werden» sagt Peter Stumböck.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Angaben, die Luiz R. machte, nicht zutreffen. «Dies ist auch nachvollziehbar, denn er war emotional in einer Ausnahmesituation und er befand sich bei Dunkelheit in einem Gebiet, das er offensichtlich nicht kannte.»
Petra Bornhauser will die Hoffnung nicht aufgeben, dass die Leiche ihres Mannes doch noch gefunden wird. Denn nur so könnte sie Abschied nehmen, erklärt Bornhauser im Interview mit SRF. «Für mich wäre es sehr wichtig, dass der Leichnam gefunden wird, sei es auch nur ein Knochen von Gino. So könnte ich ihn beerdigen und diese schlimme Geschichte abschliessen.»
Auf eigene Faust suchte Petra Bornhauser nie. «Ich wüsste nicht, wo genau ich suchen sollte.» Gino Bornhauser wurde inzwischen für verschollen erklärt, das heisst, auch aus juristischer Sicht ist er tot. Doch diese Verschollenenerklärung ist für Petra Bornhauser nur ein Blatt Papier.