Der Empfang zum Interview durch die Schwestern Vroni Hofer und Elisabeth Meier auf dem Areal des Bethesda-Spitals ist herzlich. Im Raum der Stille erzählen die beiden Diakonissen über ihre Geschichte und die Geschichte des Diakonats Bethesda, dem Gründerverein des gleichnamigen Spitals.
Seit 100 Jahren existiert das Spital. 1923, kurz nach dem 1. Weltkrieg, wurde es im Zentrum von Basel gegründet. 1939 zog das Spital dann in einen Neubau im vornehmen Gellert-Quartier, umgeben von einem grossen Park.
Schwester Vroni Hofer hat die Schwestern aus der Gründerzeit des Diakonats zum Teil noch gekannt, sie selber trat 1961 in die Schwesternschaft ein. «Es war eine andere Zeit. Damals haben die Schwestern noch alle Aufgaben des Spitals übernommen.»
Bis zu 100 Frauen lebten in der Zeit, als Vroni Hofer in die Schwesternschaft eintrat, im Diakonat. Sie kamen aus der ganzen Schweiz, um hier in einer speziellen Lebensform und Verbindung mit Gott als Krankenschwestern, Therapeutinnen oder Köchinnen zu arbeiten.
Mein Vater war nicht einverstanden. Aber als er gemerkt hatte, dass ich hier glücklich bin, war auch er zufrieden.
Der Eintritt in die Gemeinschaft stellte Familien auch immer wieder auf die Probe. So erinnert sich Schwester Vroni, dass ihr Vater gar keine Freude hatte am Lebensentwurf seiner Tochter. «Er war nicht einverstanden. Aber als er gemerkt hatte, dass ich hier glücklich bin, war auch er zufrieden.» Es war die Liebe zu Gott, die sie und die vielen anderen Frauen nach Basel gebracht habe.
Schwestern wie Vroni Hofer und Elisabeth Meier waren es denn auch, die in der Zeit des 2. Weltkriegs für den Spitalbetrieb sorgten, während die Männer, darunter auch viele Ärzte, im Militärdienst waren. Die Diakonissen, die bis heute traditionell in weissen Hauben und langen schwarzen Gewändern gekleidet sind, hielten das Spital am Laufen.
Ein Leben für Gott und die Patienten
Daneben war das Leben geprägt vom Glauben an Gott. Zum Tagesablauf gehören bis heute drei Gebetszeiten. Hier wird unter anderem für Heil und Heilung der Patientinnen und Patienten gebetet, wie Schwester Vroni erzählt.
Das Gesundheitswesen wurde im Lauf der Jahre jedoch zunehmend komplexer und die Schwestern spürten, dass sie diese Verantwortung nicht mehr alleine tragen konnten. 2009 gründeten sie deshalb einen Verein und gaben die Verantwortung über den Spitalbetrieb ab.
Diese Form, wie wir sie heute leben, ist eine Form, die sich junge Menschen nicht mehr vorstellen können.
Heute leben noch 18 Schwestern im Bethesda-Spital und alle sind pensioniert, die älteste ist 96. Es sind die letzten Diakonissen im Basler Spital. Denn: Neue Frauen werden hier seit 20 Jahren im Gegensatz zu anderen Gemeinschaften keine mehr aufgenommen.
«Diese Form, wie wir sie heute leben, mit Tracht, mit Taschengeld – das ist eine Form, die sich junge Menschen nicht mehr vorstellen können», sagt Schwester Elisabeth. Die Schwesterngemeinschaft ist heute noch zuständig für die Seelsorge im Spital.
Bekanntheit im Quartier dank Dokumentar-Film
Zum 100 Jahr Jubiläum hat sich die Gemeinschaft ein besonderes Geschenk gemacht: Ein Dokumentarfilm mit dem Titel «Dranbleiben an der Hoffnung». Dieser gibt einen Einblick in die Geschichte und das Leben heute und hat offenbar positive Effekte, wie Schwester Elisabeth stolz erzählt: «Ich wurde nach der Filmpremiere beim Einkaufen von wildfremden Leuten auf den Film angesprochen.»
Der Umstand, dass in naher Zukunft keine Schwestern mehr im Bethesda-Spital leben, mache sie nicht traurig: «Ich wünsche mir, dass wir zufrieden alt werden», sagt Vroni Hofer und fügt lachend an «respektive noch älter werden.»