Der Autosalon Genf findet im Februar 2023 nicht statt. Es ist die vierte Absage in Folge. Nachdem in den vergangenen drei Jahren jeweils das Coronavirus Schuld gewesen ist, ist nun noch die allgemeine Weltlage hinzugekommen. Die Organisatoren begründen die Absage mit wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheiten.
In den Jahren vor der Pandemie konnte die grösste Messe der Schweiz über 600'000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr anziehen, die Wertschöpfung belief sich auf rund 200 bis 250 Millionen Franken.
In einer Pressemitteilung erklärten die Organisatoren, viele Aussteller seien nicht bereit gewesen, in diesen «unsicheren Zeiten» auszustellen. Die Risiken hätten gegenüber den Vorteilen überwogen, und so sei man zum Schluss gekommen, die Austragung abzusagen.
Auswirkungen auf den Standort Genf
Noch vor einem Jahr hatte man sich optimistisch gezeigt. Der CEO der Messe, Sandro Mesquita gab an, alles dafür zu tun, eine Austragung sicherzustellen. Heuer will er sich nicht zur neuerlichen Absage äussern.
Ich weiss, dass das eine Katastrophe für die Genfer Wirtschaft ist. Das tut mir leid
Maurice Turrettini, Stiftungsratspräsident des Automobilsalons Genf, erklärt die Absage wie folgt: «Wir hatten nicht genug Anmeldungen. Es wäre falsch gewesen, den Salon 2023 durchzuführen, mit so wenig vermieteter Ausstellungsfläche.»
Das Datum (14. bis 19. Februar) sei sicher nicht ideal gewesen, gibt Turretini gegenüber SRF weiter an. Für viele Hersteller komme der Februar zu früh im Jahr.
Daneben hätten auch finanzielle Überlegungen dagegen gesprochen. Und auch die anhaltende Gefährdung durch Corona und die drohende Energiekrise hätten eine Rolle gespielt. «Ich weiss, dass das eine Katastrophe für die Genfer Wirtschaft ist. Das tut mir leid.»
Ähnlich sieht dies der oberste Hotelier in der Rhonestadt, Gilles Rangon: «Es geht um das Erbe von Genf. Das ist die grösste Veranstaltung, die es in der Region gibt.» Für ihn und seine Kolleginnen und Kollegen sei der Entscheid enttäuschend. Zwar ziehe der Tourismus in der Weltstadt Genf wieder etwas an. Dennoch: Der Verlust des Autosalsons schmerze.
Die veränderte Wahrnehmung des Autos
Der Autosalon ist in den vergangenen Jahren an verschiedenen Fronten in Bedrängnis geraten. China ist zu einem immer grösseren Absatzmarkt – aber auch zum Konkurrenten geworden. Die Ausstellungen in Peking und Schanghai sind heute mindestens so wichtig wie diejenigen in Genf oder Detroit.
Gleichzeitig hat der Klimawandel zu einer veränderten Wahrnehmung der Autobranche geführt. Der Dieselskandal rund um den Hersteller VW im Jahr 2015 sorgte etwa für lang anhaltende Negativschlagzeilen.
Und auch die Lebensrealitäten vieler Menschen haben sich gewandelt. Galt das Auto früher als Versprechen der persönlichen Freiheit, steht heute eine Vielzahl an Mobilitätslösungen zur Verfügung. Ein zunehmendes Umweltbewusstsein und ein neues regulatorisches Umfeld haben das Ende des Verbrennungsmotors eingeläutet.
Gänzlich unsichtbar waren die Zeichen aber schon in der Vergangenheit nicht. So nahm Elektropionier Tesla etwa nie am Autosalon teil. 2017 platzierten die Kalifornier gar publikumswirksam einen grossen Stand mitten im Genfer Bahnhof – und damit explizit nicht auf dem Messegelände.
Und 2024?
«Ob der Autosalon noch eine Zukunft hat, ist schwer zu sagen», sagt denn auch SRF-Autoexperte Samuel Pfister. Schon vor Covid sei bemerkbar gewesen, dass immer mehr Hersteller fehlten. Viele hätten den Salon zudem unterlaufen, in dem sie die Neuheiten vorab präsentierten.
Dass es vielleicht nie mehr einen Autosalon in Genf geben wird, schmerzt den Autofan. «Die Schweiz war einmal im Jahr Nabel der Autowelt, das ist nun vorbei.»
Eine nächste Ausgabe ist für 2024 vorgesehen – dann mit einem späteren Datum im Jahr. Angesprochen auf die Möglichkeit einer weiteren Ausgabe in Genf sagt Hotelier Rangon: «Da ziehe ich den Joker.» Stiftungsratspräsident Turretini meint: «Wir hoffen, wir schaffen das.»