Zum Inhalt springen

Nach Bergung in Italien Was eine Höhlenrettung so schwierig macht

Mehrere Tage dauerte die Aktion, eine Höhlenforscherin bei Bergamo in Norditalien zu bergen , nachdem diese in einer Höhle abgestürzt war und sich Rippenbrüche sowie eine schwere Kopfverletzung zugezogen hatte – in fast 600 Metern Tiefe. Erst nach einer aufwendigen Rettungsaktion konnte die Frau ins Spital geflogen werden. Was eine Höhlenrettung so schwierig macht, weiss Regula Höhn, Vorstandsmitglied der Schweizerischen Höhlenrettung.

Regula Höhn

Vorstandsmitglied Schweizer Höhlenrettung

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Regula Höhn ist Vorstandsmitglied der Rettungsorganisation Schweizer Höhlenrettung.

SRF News: Was macht einen Notfall in einer Höhle so kompliziert?

Regula Höhn: Es braucht sehr viele Leute und sehr viel Zeit. Das ist im Vergleich zu Rettungen ausserhalb der Höhle ungewöhnlich. Da nimmt man den Helikopter und fliegt Personen und Material oder man nimmt einen Rettungswagen und fährt zur Person. Das alles ist in der Höhle nicht möglich.

Man arbeitet 24 Stunden am Tag daran, die Gänge einzurichten und die Person zu transportieren.

Warum braucht es bei einer Höhlenrettung so viele Personen?

Zum einen ist es das Ziel, die verletzte Person möglichst rasch nach draussen zu bringen. Das bedeutet, dass man 24 Stunden am Tag daran arbeitet, die Gänge einzurichten und die Person zu transportieren. Das braucht natürlich Leute, weil Leute nicht 24 Stunden arbeiten können. Also es braucht Ablösungen für all die Personen, die sich dann erholen, bevor sie allenfalls wieder zum Einsatz kommen. Zum anderen ist es der Aspekt, dass alles Material – ob technisch, medizinisch oder logistisch – in die Höhle transportiert werden muss. Schliesslich braucht es zusätzlich zu den Leuten, die die verletzte Person transportieren, auch Leute, die Material bringen oder wegführen.

Das Dringendste bei einem Notfall in der Höhle ist es, medizinisches Fachpersonal zur verletzten Person zu bringen.

Die verunglückte Forscherin in Bergamo musste in sehr engen Platzverhältnissen waagrecht auf einer Bahre mehrere hundert Meter durch die Höhle transportiert werden. Wie geht man in so einer Situation vor?

Das Dringendste bei einem Notfall in einer Höhle ist es, medizinisches Fachpersonal zur verletzten Person zu bringen. Die entscheiden, was für den Gesundheitszustand der Patientin, des Patienten wichtig ist. Und daran richtet sich dann die ganze Vorbereitung für den Transport aus. Man nimmt, wo immer möglich, Rücksicht auf die Gegebenheiten. Aber wenn jetzt etwa ein Eingang nur vertikal durchquerbar ist, muss die Arztperson, die die Patientin betreut, abwägen, ob das machbar ist. Der weitere Rettungsverlauf wird aufgrund des Zustands der verletzten Person und der medizinischen Beurteilung geplant.

Die Rettungstruppe in Bergamo musste sich teilweise mit kleinen Sprengungen den Weg freimachen. Wie gefährlich kann eine Rettungsaktion für das Rettungspersonal selber sein?

Die Sicherheit der Retter hat oberste Priorität. Es kann sein, dass Sprengungen nötig sind. Dafür haben wir eine eigene Gruppe schweizweit. Das sind Leute, die ein Sprengbrevet haben. In so einem Fall ist sehr vieles zu berücksichtigen, was die ganze Rettungsaktion verzögert. Zum Beispiel Personen im Gefahrenbereich. Wenn die Rettungskräfte an einem Ort nicht durchkommen, müssen sie in sicheren Bereichen warten, bis die Passage gross genug ist und die Bahre durchkommt.

Welche besonderen Fähigkeiten müssen Höhlenretterinnen und -retter haben?

Wir setzen ausschliesslich aktive Höhlenforscher ein, die eine Zusatzausbildung in rettungstechnischen Aspekten erhalten. Eine Person muss sich in einer Höhle wohlfühlen und sich selbstständig bewegen können – das kann eine Kletterpassage sein, Seiltechnik, Fortbewegung aufwärts oder abwärts am Seil. Wir brauchen Leute, die mit den Höhlenverhältnissen vertraut sind und sich da sicher bewegen können.

Das Gespräch führte Amir Ali.

Heute Morgen, 19.12.2024, 06:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel