Aus ihrem ersten Abstimmungskampf als Umweltministerin geht Simonetta Sommaruga als Siegerin hervor. Doch für sie ist das deutliche Nein zur Zersiedelungs-Initiative keine Carte blanche für grenzenloses Verbauen der Landschaft.
SRF News: Fast zwei Drittel der Bevölkerung sagt Nein, alle Kantone haben die Zersiedelungs-Initiative abgelehnt. Ist alles auf Kurs bei der Raumplanung?
Simonetta Sommaruga: Die Bevölkerung hat Nein gesagt zur Initiative, weil die vorgeschlagenen Instrumente nicht überzeugt haben. Sie hätten unter Umständen sogar zu mehr Zersiedelung geführt als heute. Aber für die Bevölkerung ist auch klar: Es gibt ein strenges Raumplanungsgesetz. Das wird jetzt umgesetzt. Das Nein heute ist nicht ein Nein zum Landschaftsschutz – im Gegenteil: Jetzt sind Kantone und Gemeinden gefordert.
Jeden Tag verschwinden acht bis zehn Fussballfelder Fläche an wertvollem Land, hat man während der Kampagne gehört. Geht das jetzt einfach so weiter?
Nein, das geht nicht weiter so. Das Raumplanungsgesetz sieht vor, dass Gemeinden mit zu grossen Bauzonen zurückzonen müssen. Das bestehende Raumplanungsgesetz ist hier sehr streng. Ich denke, mit diesem Gesetz haben wir die Instrumente für eine strenge Raumplanung, aber die Bevölkerung erwartet jetzt natürlich zurecht von den Kantonen und Gemeinden, dass sie sich daran halten und dass diese Umsetzung jetzt erfolgt.
Hat das Raumplanungsgesetz nicht einen Haken? Sobald die für 15 Jahre vorgesehenen Reserven aufgebraucht sind, können sich Kantone melden und neue Bauzonen einfordern.
Erstens müssen zu grosse Bauzonen zurückgezont werden; das stand ja zum Beispiel nicht einmal in dieser Initiative drin. Zweitens gibt es in den Städten natürlich Entwicklungsbedarf. Die Bevölkerung hat heute deutlich gesagt, dass sie die Bauzonen nicht einfach für immer einfrieren will. Wenn man etwa in der Stadt oder in Stadtnähe ein neues Quartier für Familien bauen will, dann muss das auch in Zukunft möglich sein. Dort allerdings, wo es überdimensionierte Bauzonen hat, muss man jetzt zurückzonen. Das ist eine harte Massnahme, aber die muss jetzt umgesetzt werden.
Schon in 14 Tagen kommt das Raumplanungsgesetz 2 – das Bauen ausserhalb der Bauzonen – ins Parlament. Man will den Kantonen mehr Kompetenzen geben, dass sie mitentscheiden können, ob man zum Beispiel Maiensässe ausbauen darf. Öffnet man da nicht die Büchse der Pandora?
Tatsache ist: In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat man beim Bauen ausserhalb der Bauzonen viele Ausnahmen gemacht. Ich meine: zu viele. Jetzt hat der Bundesrat ein entsprechendes Gesetz für das Bauen ausserhalb der Bauzone vorgelegt. Das wird nun im Parlament diskutiert. Es wird sicher noch viele Fragen aufwerfen. Die Bevölkerung erwartet, dass auch beim Bauen ausserhalb der Bauzonen das Raumplanungsrecht strikte eingehalten wird. Und das heisst eben: Bauzonen und Nichtbauzonen müssen getrennt werden.
Das war Ihre erste Abstimmungsvorlage als Umweltministerin. Ist das jetzt sehr viel anders denn als ehemalige Justizministerin?
Es war eine Vorlage, die bei der Bevölkerung viel Wohlwollen gehabt hat. Lange Zeit haben viele gesagt, dass sie etwas tun wollen gegen die Zersiedelung. Ich habe versucht, der Bevölkerung aufzuzeigen, dass die Zersiedelung etwas ist, das auch vonseiten des Bundesrates bekämpft wird und dass der Landschaftsschutz auch mir persönlich ein grosses Anliegen ist. Aber auch, dass diese Initiative eben nicht die richtigen Antworten gegeben hat. In diesem Sinne ist es für den Bundesrat heute ein gutes Resultat.
Das Gespräch führte Christoph Nufer.