Um ein Haar hätte es just im Jubiläumsjahr eine Hiobsbotschaft gegeben: Anfang 2024 stand das Schweizerische Agrarmuseum Burgrain vor dem Aus. Die Institution im luzernischen Alberswil hatte Geldsorgen.
Zwar war das Haus mit einer neuen Ausstellung höchst erfolgreich unterwegs: Noch 2023 wurde es vom European Museum Forum mit dem Museumspreis für ökologische Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Doch die laufenden Betriebskosten überstiegen die finanziellen Mittel der Einrichtung bei Weitem.
Kanton genehmigte eine Finanzspritze
In der Not klopfte der Stiftungsrat bei der Kantonsregierung an. «Wir haben mit offenen Karten gespielt», sagt Stiftungsratspräsident Jakob Lütolf. «Ohne Unterstützung hätten wir den Schlüssel drehen müssen.» Es klappte. Die Regierung sprach einen Rettungsbeitrag – 350'000 für das Jahr 2024 und 150'000 für 2025.
Die Finanzspritze ist allerdings an Auflagen geknüpft: Das Museum müsse stärker mit dem benachbarten Erlebnishof Burgrain zusammenarbeiten, der Personalbestand abnehmen und der Stiftungsrat ausgewechselt werden. Schritte, die nun aufs neue Jahr hin umgesetzt wurden.
Per 1. Januar hat Vera Chiquet die Museumsleitung übernommen. Promovierte Kunsthistorikerin aus Basel, Städterin mit Jagdpatent. Sie sagt: «Ich wurde mit offenen Armen empfangen. Mir ist aber sehr wohl bewusst, dass ich eine andere Perspektive habe.»
Leiterin will auch die Tiktok-Generation ansprechen
Chiquet hat sich auf die Fahne geschrieben, Themen wie Nachhaltigkeit, Biodiversität und Ernährung stärker in den Fokus zu rücken. «Ich möchte jedem Mensch aufzeigen, dass er ein Teil der Schweizer Landwirtschaft ist – und dass sein Verhalten auch mitentscheidet, wie sich die Landwirtschaft weiterentwickelt.»
Dabei scheue sie auch kontroverse Debatten nicht. «Ich habe schon mal im Witz gesagt, ich mache hier ein Güllen-Konzil.» Sie könnte sich durchaus häufiger Podiumsgespräche vorstellen. «Und dies nicht nur im Abstimmungskampf.»
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Bild 1 von 7Legende: Das Schweizerische Agrarmuseum Burgrain befindet sich im luzernischen Alberswil. zvg
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Bild 2 von 7Legende: Es wurde 1974 gegründet. Keystone/Urs Flüeler
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Bild 3 von 7Legende: 2021 wurde das Museum nach einem umfassenden Umbau neu eröffnet. Keystone/Urs Flüeler
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Bild 4 von 7Legende: In der Ausstellung können Besucherinnen und Besucher per Scanner Produkte näher kennenlernen. Keystone/Urs Flüeler
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Bild 5 von 7Legende: Im letzten Jahr zählte das Museum 24'000 Gäste. Schweizerisches Agrarmuseum Burgrain/Christoph Pieren, hof3
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Bild 6 von 7Legende: Zum Museum gehört auch ein Natur- und Bildungsgarten. Schweizerisches Agrarmuseum Burgrain/Silvana Tovagliari
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Bild 7 von 7Legende: Das Agrarmuseum befindet sich in der Nachbarschaft des Erlebnishofs Burgrain. zvg
Gezielt möchte sie auch die Tiktok-Generation, sprich Jugendliche, erreichen. «Sie sollen erfahren, wie viel Wasser es für den Anbau einer Avocado braucht, die sie vielleicht für eine Gesichtsmaske verwenden wollen.»
Ihr schwebt auch der Ausbau der Foodwaste-Ausstellung vor. Kleine Museumsgäste können hier eine Spielküche in Beschlag nehmen, Erwachsene werden ermuntert, ein Joghurt zu öffnen und reinzuschauen, «nicht einfach das Datum zu checken, und den allenfalls abgelaufenen Becher wegzuschmeissen». In diesem Teil des Hauses gebe es noch freie, weisse Wände. Diese will Chiquet füllen. «Denn Foodwaste geht uns alle an.»
Es ist für mich fast ein wenig unverständlich, dass das Agrarmuseum so wenig bekannt ist.
All ihre Pläne sollen dazu beitragen, das Agrarmuseum aus seinem Schlummerzustand zu holen. «Es ist für mich fast ein wenig unverständlich, dass es so wenig bekannt ist», sagt Vera Chiquet.
Museum will längerfristig mehr Personal
An Ideen mangelt es also nicht – beim Geld allerdings gibt es noch Luft nach oben. Das Jahresbudget des Museums beträgt 900'000 Franken – gut ein Drittel davon erwirtschaftet es selber. Weitere 300'000 Franken steuert der Bund bei.
«Für den Rest suchen wir nun noch Unterstützung», sagt Stiftungsratspräsident Jakob Lütolf – und denkt bereits weiter: Aktuell betrage der Stellenetat zwischen 450 und 500 Stellenprozenten. «Das absolute Minimum. Um das Museum langfristig weiterentwickeln zu können, müssen wir wieder ausbauen können.»