Das Urteil: Der Bundesrat hätte das Notkraftwerk im aargauischen Birr nicht bewilligen dürfen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen am Freitag entschieden. Das zuständige Energie- und Umweltdepartement Uvek habe nicht darlegen können, dass im Winter 2022/23 tatsächlich eine Strommangellage bestand. Die Voraussetzung für den Betrieb des Notkraftwerks war damit nicht gegeben. (Mehr zum Urteil)
Klimastreikbewegung begrüsst Urteil: Nach dem Gerichtsentscheid hat die Klimastreikbewegung Konsequenzen gefordert. Das Reservekraftwerk in Birr solle umgehend zurückgebaut werden, da für dessen Existenz keine Grundlage bestehe, teilte die Organisation mit. Die Kraftwerke in Cornaux NE und Monthey VS sollen laut Klimastreik Schweiz ebenfalls nicht mehr länger als Reserve unter Vertrag des Bundes stehen. Ausserdem müsse die Ausschreibung von neuen fossilen Kraftwerken, welche bis 2041 in Betrieb sein könnten, abgebrochen werden.
Das sagt das Uvek: Das Notkraftwerk müsse nicht zurückgebaut werden, da es sich nicht auf die Baubewilligung beziehe. Aus Sicht des Energie- und Umweltdepartements habe eine Strommangellage letzten Winter nicht ausgeschlossen werden können. Eine nachträgliche Bewertung aus heutiger Sicht könne zu einem anderen Resultat gelangen. Das Bundesverwaltungsgericht habe lediglich festgehalten, dass die drohende Mangellage nicht genug klar dokumentiert gewesen sei, sagt Franziska Ingold vom Uvek. «Der Bundesrat hat sich für eine stabile Stromversorgung entschieden, sodass man bei einer negativen Entwicklung parat gewesen wäre, mehr Strom zur Verfügung zu stellen.» Für zukünftige Beurteilungen biete das Gerichtsurteil wertvolle Unterstützung.
So reagiert die Standortgemeinde Birr: Für Gemeindeammann René Grütter kommt das Urteil überraschend. «Wir wussten nicht, dass im Hintergrund etwas lief.» Die Gemeinde sei zufrieden mit dem fertiggestellten Notkraftwerk. «Wir hatten keine Bemerkungen oder Anschuldigungen während des Baus», sagt er. Mit dem Urteil verändere sich für die Gemeinde nichts, wie Grütter erwartet. Er rechnet damit, dass der Bund die versprochenen 4.3 Millionen Franken der Gemeinde zahle.
Das sagt die Aargauer Regierung: Vor dem Bau hatte die Aargauer Regierung Schutzmassnahmen gegen die Auswirkungen des Notkraftwerks verlangt – etwa gegen Lärm oder Abgase. Für den Aargauer Regierungsrat und Energiedirektor Stephan Attiger ist das Gerichtsurteil nun eine Bestätigung, «dass man das Möglichste machen muss, um die Bevölkerung zu schützen». Ob es zu einem Strommangel komme, hänge von verschiedenen Faktoren ab, die nicht direkt von der Schweiz beeinflussbar seien, sagt der Energiedirektor. Das mache eine Einschätzung schwierig. «Im Nachhinein kann man sagen: Ja, man hat übertrieben. Der Aufruf zu Cheminéeholz und Kerzen war sicher übertrieben.»