Nach dem Rücktritt von Bundesrätin Simonetta Sommaruga haben die Partei- und die Fraktionsspitze der SP schnell entschieden, wie sie sich das weitere Vorgehen vorstellen: Die SP soll mit zwei Kandidatinnen zur Wahl antreten, wobei es keine Rolle spielen soll, aus welchen Sprachregionen der Schweiz sie kommen.
Man sollte in erster Linie auf die qualitativen Voraussetzungen der Kandidierenden schauen.
Zwei Frauen auf dem Ticket der SP würde bedeuten, dass es für Männer keinen Platz hätte. Dabei gibt es auch Männer in der SP, denen Bundesratsambitionen nachgesagt werden – zum Beispiel Daniel Jositsch.
Jositsch würde gerne kandidieren
Der SP-Ständerat aus dem Kanton Zürich sagt, er werde sich eine Kandidatur «ernsthaft überlegen», falls er die Vorgaben seiner Partei erfülle.
Jositsch kritisiert denn auch die parteiinterne Frauen-Vorgabe: «Man sollte in erster Linie auf die qualitativen Voraussetzungen der Kandidierenden schauen» – auch wenn das Geschlecht durchaus eine Rolle spielen dürfe.
Nicht ganz so weit geht der Basler SP-Nationalrat Eric Nussbaumer. Aber auch er sagt, man hätte zunächst schauen können, wer überhaupt kandidieren wolle und wer die besten Kandidatinnen und Kandidaten seien. Auch wenn klar sei: «Irgendwann muss dann auch das Ticket gestaltet werden.»
Die SP hat viel mehr fähige Leute als Posten im Bundesrat.
SP-Fraktionschef Roger Nordmann seinerseits verteidigt die Vorgaben der Parteispitze, der er selber auch angehört. «Die SP ist die Gleichstellungspartei schlechthin.» Deshalb sei es wichtig, dass die Partei in der Landesregierung von einem Mann und einer Frau vertreten werde.
An die Adresse vor allem von Daniel Jositsch sagt er: «Es gibt kein Grundrecht, Bundesrat zu werden.» Es werde sowieso Enttäuschungen geben, weil die SP «viel mehr fähige Leute hat als Posten im Bundesrat», so Nordmann.
Vier Bundesräte aus der lateinischen Schweiz?
Doch auch Parlamentarier anderer Parteien kritisieren die Vorgaben der SP-Spitze. Zu ihnen gehört FDP-Ständerat Andrea Caroni. Die SP stelle das Geschlecht über die Kriterien der Vertretung aller Landesteile, das entspreche nicht der Verfassung.
Diese verlangt, dass die Landesgegenden und Sprachregionen angemessen im Bundesrat vertreten sein sollen. Würde auf Sommaruga eine Frau aus der Romandie folgen, hätte die lateinische Schweiz vier Sitze im Bundesrat. Das wären für Caroni zu viele.
Bei einem Frauen-Zweierticket aus der Romandie würde die Chance steigen, dass eine nicht offizielle Kandidatin gewählt würde.
Andere im Bundeshaus sagen hinter vorgehaltener Hand, bei vier Lateinern würde der Druck auf FDP-Bundesrat Cassis steigen. Caroni spricht nicht davon, gleichwohl fordert er ein SP-Zweierticket aus der Deutschschweiz.
Chancen für eine nicht-offizielle Kandidatin
Ähnlich äussert sich Mitte-Ständerat Pirmin Bischof. Er sagt zum Szenario Frauen-Zweierticket aus der Romandie: «So würde die Chance steigen, dass eine nicht offizielle Kandidatin oder ein Kandidat gewählt würde.»
Der Druck auf die SP, zwei Frauen aus der Deutschschweiz zu präsentieren, ist deshalb gross. Allerdings kann Fraktionschef Nordmann über die Widerstände bei einer möglichen Untervertretung der Deutschschweiz nur den Kopf schütteln. «Ich habe keine Angst, dass die Deutschschweizer Mehrheit durch eine temporäre lateinische Mehrheit im Bundesrat unterdrückt würde.»
Die SP-Fraktion will am 26. November entscheiden, wen sie ins Rennen um die Nachfolge von Simonetta Sommaruga ins Rennen schickt. Die Chance ist gross, dass zwei Frauen nominiert werden. Die Frage der Sprachregion dürfte dabei noch zu reden geben.