Eine aktuelle Auswertung von Digitec-Galaxus zeigt: Ihre Kunden bezahlten die letzten zwölf Monate 1.3 Millionen Franken in Form einer CO2-Kompensation. Das entspricht rund zehn Prozent aller Bestellungen. Was sagt diese Zahl aus? Und wie sieht die Zukunft der Klimakompensation aus? «Espresso» sprach darüber mit SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann.
Klaus Ammann, zehn Prozent aller Bestellungen... Ist das viel?
Kommt auf den Vergleich an. Bei den Schweizer Jugendherbergen beispielsweise kompensierte über die Hälfte der Kunden. Bei der Fluggesellschaft Swiss gerade einmal ein Prozent.
Wäre mehr möglich?
Natürlich. Bis jetzt ist die CO2-Kompensation meist freiwillig, man muss sie aktiv wählen. Müsste man aktiv werden, wenn man nicht kompensieren will, würden deutlich mehr Konsumentinnen eine Kompensation bezahlen. Das zeigt das Beispiel Strom: Gewisse Städte liefern standardmässig Ökostrom, wer Graustrom will, muss sich explizit dafür entscheiden. Offenbar machen das die wenigsten.
Vermutlich kompensiert man auch eher bei kleineren Beträgen?
Das ist so. Bestelle ich bei Digitec-Galaxus ein Mikrofon für 250 Franken, kostet die Klimakompensation rund 4 Franken. Buche ich einen Flug nach Kolumbien für 460 Franken, kostet die Klimaabgabe praktisch nochmals so viel. Weil der Flug viel klimaschädlicher ist.
Wie wird eine Klimaabgabe berechnet?
Gemessen wird der Fussabdruck eines Produkts. Dazu gehören die Treibhausgase aufgrund der Produktion, der Transport bis zu mir nach Hause und ein Retourenfaktor, weil einige Produkte zurückgeschickt werden. Diese Summe in Tonnen wird mit einem CO2-Preis multipliziert.
In Städten und reicheren Regionen wird viel häufiger kompensiert.
Weiss man, welche Leute kompensieren, freiwillig mehr bezahlen?
Die Digitec-Galaxus-Auswertung ist eher eine Spielerei, trotzdem lassen sich interessante Schlüsse daraus ziehen: In Städten und reicheren Regionen wird viel häufiger kompensiert. In Zürich-Wipkingen oder in der wohlhabenden Thurgauer Gemeinde Berlingen ist es fast jeder Fünfte. Im ländlichen Leibstadt hingegen kompensieren nur zwei Prozent, in Kloten nur ein Prozent. Und: Junge Menschen kompensieren CO2 deutlich häufiger als ältere.
Was passiert mit dem Geld aus der CO2-Kompensation?
Es fliesst in Klimaschutzprojekte. Damit werden Bäume gepflanzt oder vor der Abholzung gerettet, Initiativen zur Förderung des Klima-Bewusstseins lanciert oder erneuerbare Energien gefördert.
Die steigenden Online-Einkäufe sind eine Chance für Klimaschutz-Programme.
Schlussendlich wäre es für unser Klima aber besser, nichts zu kaufen statt zu kompensieren…
Wenn Kundinnen und Kunden online bestellen, ist der Kaufentscheid bereits gefallen. Die Klimakompensation ist daher besser als nichts. Und man kann davon ausgehen, dass damit zumindest das Bewusstsein geschaffen wird, dass Konsum und Natur kosten. Vielleicht kauft der eine oder die andere beim nächsten Mal weniger ein.
Eine aktuelle HSG-Studie zeigt: 2017 kauften 56 Prozent der Befragten am liebsten in Geschäften ein. Ende 2020 waren es nur noch gut 40 Prozent, die restlichen 60 Prozent bevorzugen den Online-Handel. Man sollte also bei der Klimakompensation bleiben…
Ich denke auch. Es ist zudem einfacher, die CO2-Kompensation online abzuwickeln als im Laden an der Kasse. So gesehen sind die steigenden Online-Einkäufe eine Chance für Klimaschutz-Programme.
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Das Interview führte Sabrina Lehmann.