Die 1980er-Jahre: Auf einmal kommen viel mehr Menschen in die Schweiz als bisher: Tausende Türkinnen und Türken, Tamilinnen und Tamilen. Sie alle bitten um Asyl. Darauf ist die Schweiz nicht vorbereitet. Die wenigen zuständigen Beamten im Bundesamt für Polizeiwesen sind überfordert.
In dieser Notlage holt die freisinnige Justizministerin Elisabeth Kopp einen Zürcher Parteifreund an Bord: Peter Arbenz, damals Mitglied der Winterthurer Stadtregierung. Kopp macht ihn zum Delegierten für das Flüchtlingswesen.
Es ging mir häufig sehr ans Lebendige. Ich wusste, dass wir zum Teil über Schicksale entscheiden.
Turbulente Zeiten, wie sich Peter Arbenz 1998 am Radio erinnert: «Es ging mir häufig sehr ans Lebendige. Ich wusste, dass wir zum Teil über Schicksale entscheiden. Ich konnte mich aber nicht für jeden Entscheid persönlich in der Verantwortung fühlen.»
«Ein unglaublicher Macher»
Peter Arbenz baut Strukturen auf – einen Apparat, der über Asyl, Bleiberecht oder Rückschaffung entscheidet. Ein Mitarbeiter der ersten Stunde war Roger Schneeberger, der später im Asyl- und Polizeiwesen Karriere machte. Schneeberger erinnert sich an den enormen Druck von linker und rechter Seite von damals.
Unter diesem Druck habe es einen wie Peter Arbenz gebraucht: «Für mich war er ein unglaublicher Macher, der mitreissen und begeistern konnte. Rhetorisch extrem beschlagen und mit sehr grossen Qualitäten als Führungsperson.»
Heftige Kritik und späte Würdigung
In der damaligen Welle der Kritik werfen auch Intellektuelle Peter Arbenz eine unmenschliche Asyllinie vor. Das habe ihm zugesetzt, sagte er in dem Gespräch und zitierte eine der Schlagzeilen: «Arbenz schafft Menschen wie Tiere aus.» Doch es sei darum gegangen, das Gesetz anzuwenden: Wer nicht als Flüchtling aufgenommen wurde, musste wieder nach Hause.
Bei aller Kritik – Peter Arbenz hat sich Anerkennung verschafft. Auch im Lager seiner Kritiker: 1997 verlieh ihm die Stiftung gegen Rassismus den Preis für Menschlichkeit. Arbenz habe seine «teilweise sehr schwierigen Aufgaben human und mit menschlichem Einfühlungsvermögen erfüllt», heisst es in der Würdigung.
Humanitär bewegt
Sein Rezept waren Dialog und Glaubwürdigkeit. Bereits als Student war Peter Arbenz 1957, kurz nach dem Ungarnaufstand, fürs IKRK in Budapest. Später leitete er das Hilfswerk Helvetas.
Peter Arbenz war von Haus aus «humanitär»: «In unserer Familie lebten polnische Internierte, meine Mutter engagierte sich in der Zeit des Zweiten Weltkriegs sehr intensiv in der Flüchtlingsarbeit.» Während des Studiums reiste er mit dem Rucksack ein halbes Jahr lang quer durch Afrika. Erlebnisse, die ihn nach eigenen Worten für den Rest seiner beruflichen Tätigkeit prägten.
Unermüdlicher «Troubleshooter»
Nur eine Aufgabe – das war Peter Arbenz immer zu wenig. Und so war er nach seinem Abgang 1993 als Flüchtlingsverantwortlicher des Bundes stets vieles gleichzeitig: politischer Berater, Entwicklungshelfer, militärischer Inspektor der UNO-Schutztruppen im jugoslawischen Bürgerkrieg – und Unternehmer: Als Hauptbeschäftigung nannte er damals humanitäre Aufgaben in verschiedenen Organisationen. In der übrigen Zeit müsse er auch mal Geld verdienen.
Ein Bürgerlicher durch und durch. Ein Anführer, ein Menschenfreund und in heutiger Sprache: ein Troubleshooter. Häufig ist es eine Floskel. Bei Peter Arbenz aber darf man es sagen: Er war ein Mann von Welt.