Lilly überlegt kurz und schreibt dann einen ersten Satz auf die Postkarte. Es sind ein paar Worte in Französisch, denn die Schülerin der Klasse 6e von Unterägeri ZG schreibt ihrer Brieffreundin Maëlle in Blonay VD, welche sie nun endlich persönlich kennenlernen wird.
Sie und ihre «Klassengspänli» reisen nämlich samt Lehrer für zwei Tage ins Waadtland und treffen dort ihre Austauschklasse. Seit sieben Monaten kennt man sich via Briefkontakt und Handyvideos, welche zwecks Sprachaustausch hin- und hergeschickt werden.
Dass sie nun ihre Brieffreundin persönlich trifft, findet Lilly cool: «Ich freue mich riesig auf das Treffen mit unserer Partnerklasse, allerdings bin ich auch etwas aufgeregt, denn ich habe ja keine Ahnung, ob wir uns auf Anhieb gegenseitig verstehen!»
Nach der Trockenübung eine sinnvolle Anwendung
Für Klassenlehrer Dardan Bulica kommt diese Begegnung nach eineinhalb Jahren Frühfranzösisch zum richtigen Zeitpunkt: «Meine Klasse realisiert damit, dass ganz nahe bei uns Französisch gesprochen wird.»
Nur drei Stunden dauere die Carfahrt ins Welschland, sagt Bulica. «Dort erfahren meine Schülerinnen und Schüler mit ihrer Partnerklasse, wie das ist, wenn man sich in einer Fremdsprache miteinander unterhalten kann.»
Regelmässigen Schüleraustausch gibt es nicht gratis
Dabei überlässt der Zentralschweizer Kanton Zug solche Klassentreffen mit einem anderen Landesteil nicht dem Zufall. Seit zwei Jahren läuft ein kantonales Förderprogramm. Bis 2025 unterstützt der Kanton solche Schüleraustauschprojekte mit 1.3 Millionen Franken. Dabei soll jede der elf Gemeinden eine Partnergemeinde im Welschland finden, damit solche Schüleraustauschprojekte regelmässig durchgeführt werden können.
Dafür wurden in den Zuger Gemeinden Netzwerkverantwortliche und Sylvia Nadig als Austauschverantwortliche des Kantons angestellt: «Damit solche Sprachtreffen regelmässig werden, braucht es eine Organisation, welche diese Anlässe längerfristig garantiert. Wir nehmen hier die Schulleitungen in die Pflicht.» Zusammen mit den Netzwerkverantwortlichen sollen diese mit den Partnerorten in der Westschweiz Vereinbarungen abschliessen. «Bis diese Vereinbarungen unterschrieben sind, braucht es gegenseitige Besuche, auch mal bei einem guten Glas Wein, um sich kennenzulernen.»
Kinder aus Oberägeri sind begeistert
Nach zwei erlebnisreichen Tagen im Waadtland ist bei den Schülerinnen und Schülern sowohl von Unterägeri als auch aus Blonay die Nervosität gewichen: Die ersten Gehversuche in der Fremdsprache Französisch oder Deutsch waren erfolgreich: «Ich bin aufgeregt, dieser Austausch war einfach grossartig» meint Chloé aus Blonay. Und ihre Kollegin Lilly aus Oberägeri ergänzt: «Klar habe ich auf Anhieb nicht immer alles verstanden, aber mit Wiederholen und mithilfe der Hände hats dann schlussendlich immer geklappt.»