Zum Inhalt springen
Audio
Gemeinden finden kein Personal
Aus Echo der Zeit vom 26.11.2024. Bild: KEYSTONE/Gaetan Bally
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 53 Sekunden.

Nationale Befragung Wie geht es den Schweizer Gemeinden?

Die Suche nach Personen, die sich in der Kommunalpolitik engagieren, wird immer mehr zur Herausforderung.

Grundsätzlich sind die Gemeinden zufrieden: Sie schätzen sich selbst als leistungsfähig ein. Auch ihre Finanzlage scheint gut zu sein; gegenüber 2017 blieben in der Mehrheit der Gemeinden die Steuerfüsse stabil, in 33 Prozent sanken sie. Allerdings beziehen auch zwei Drittel der Gemeinden Gelder aus den kantonalen Finanz­ausgleichs­strukturen.

Informationen zur Studie

Box aufklappen Box zuklappen

Im Rahmen des Nationalen Gemeindemonitorings werden seit 1988 der Zustand sowie die Entwicklung der Schweizer Gemeinden untersucht. Das Monitoring wird im Abstand von rund fünf Jahren durchgeführt und fand 2023 zum siebten Mal statt.

An der jüngsten Erhebung beteiligten sich 83 Prozent der Gemeindeschreiberinnen und Gemeindeschreiber sowie 50 Prozent der Exekutivpolitikerinnen und Exekutivpolitiker. Die Befragungen werden von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Zusammenarbeit mit dem IDHEAP Lausanne durchgeführt und vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert.

Aufgrund diverser Herausforderungen kam es in den vergangenen Jahren allerdings zu zahlreichen Fusionen. Per 1. Januar 2024 gab es noch 2131 Gemeinden. Dies entspricht gegenüber 2010 einem Rückgang um 18 Prozent. Trotz dieser Entwicklung bleiben viele kommunale Körperschaften nach wie vor klein.

So zählt die Hälfte aller Gemeinden weniger als 1693 Einwohnerinnen und Einwohner. Das spiegelt sich auch auf den Verwaltungen wieder: In mehr als einem Drittel der Gemeinden (37 Prozent) arbeiten weniger als fünf Personen im Gemeindehaus.

Idyllisches Dorf mit Kirche und Hügeln im Hintergrund.
Legende: Eine Ansicht von Marbach im luzernischen Entlebuch. 2013 fusionierte die damalige Gemeinde mit Escholzmatt zur neuen Gemeinde Escholzmatt-Marbach. Keystone/Urs Flueeler

Die über 2100 Schweizer Gemeinden schätzen sich zwar grundsätzlich als leistungsfähig ein – doch Raumplanung, Asylsuchende und Digitalisierung stellen sie vor grosse Herausforderungen. Auch die Nachfolgeregelung der «Dorfvorstehern» wird zum Problem. 49 Prozent der Gemeinden bekunden nur schon Mühe, Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeindeexekutiven zu finden.

Ein 54-jähriger verheirateter Mann, der beruflich eine Kaderstelle hat oder selbstständig erwerbend ist. So sieht das durchschnittliche Mitglied einer Gemeindeexekutive aus, wie die Befragung zeigt.

Das ist ein alarmierender Zustand.
Autor: Reto Steiner Professor für Public Management an der ZHAW

Die Entwicklung bereite ihm Sorgen, sagt Reto Steiner, Studienautor und Professor für Public Management. «Die Gemeindeexekutiven werden immer älter, der Frauenanteil ist sehr tief und die Hälfte der Gemeinden hat Probleme, noch genügend Leute für die politischen Ämter zu finden. Das ist ein alarmierender Zustand.»

Vorsteher bleiben männlich und werden älter

Box aufklappen Box zuklappen

Die Gemeindeexekutiven altern zunehmend. Das Durchschnittsalter der Exekutivmitglieder liegt inzwischen bei 54 Jahren, zwei Jahre mehr als bei der letzten Erhebung 2017. Lediglich 18 Prozent der Mitglieder sind jünger als 45 Jahre. «Wir beobachten also tendenziell eine Alterung in den Schweizer Gemeindeexekutiven», heisst es in der Studie dazu.

Untervertreten sind nicht nur die Jungen – auch der Frauenanteil bleibt tief; er liegt derzeit bei 25 Prozent. Auffallend ist dabei auch die Ämterverteilung; die meisten Exekutivpolitikerinnen übernahmen die Ressorts Gesundheit, Soziales und Bildung. Beim Bau und den Industriellen Werken bleiben Frauen klar in der Minderheit.

Ein Viertel der Gemeindeexekutivämter wird in der Schweiz von Frauen besetzt. Unter einem Fünftel der Gemeindeverantwortlichen sind jünger als 45 Jahre. Diese fehlende Vielfalt sei ein Problem, meint Steiner. «Die Entscheide, die gefällt werden, werden halt oft geprägt von den eigenen Lebenswelten. Wenn nur noch jeder Fünfte unter 45 Jahre alt ist, dann fehlt eine ganz wichtige Perspektive, beispielsweise von Familien mit kleinen Kindern, aber auch von Personen, die pendeln.»

Arbeit im Amt ist aufwändig

Das Problem: Gemeindeämter sind sehr aufwändig. Als Mitglied einer Gemeindeexekutive muss man mit zehn Stunden Arbeit pro Woche rechnen, als Gemeindepräsident sogar mit 20 Stunden.

Das sei herausfordernd, sagt Claudia Kratochvil-Hametner, Direktorin des Schweizerischen Gemeindeverbandes. «Das Monitoring zeigt, dass es für junge Leute offensichtlich schwierig ist, ein Milizamt mit Familie, Beruf und Ausbildung zu vereinen. Für Frauen gilt das noch verstärkt. Sie haben immer noch den Hauptteil der Betreuungs- und Familienarbeit.»

Ich denke auch an moderne Arbeitszeitmodelle.
Autor: Claudia Kratochvil-Hametner Direktorin des Schweizerischen Gemeindeverbandes

Hier seien Massnahmen notwendig. «Ich denke da an Coaching und Mentoring», so Kratochvil-Hametner. «Frauen nehmen eine Vorbildrolle ein, können auf andere Frauen zugehen. Ich denke aber auch an moderne Arbeitszeitmodelle.» Dazu gehöre ein angepasster Sitzungsrhythmus.

Fest steht, dass sich auf Bundes- und Kantonsebene sowie in grösseren Städten immer mehr Frauen und jüngere Menschen in politischen Ämter engagieren. In kleineren und mittleren Gemeinden, wo vieles nebenamtlich oder ehrenamtlich ist, scheint dies noch deutlich schwieriger.

Echo der Zeit, 26.11.2024, 18 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel