Keine Teilschliessungen, sondern 2G (plus) und eine Homeoffice-Pflicht: Der Bundesrat folgt seinem jüngsten Entscheid in vielen Punkten den Empfehlungen der Kantone. So weit, so erwartbar. Dies entspricht weitgehend der Variante eins, die der Bundesrat letzte Woche präsentiert hat. Zwei Veränderungen gibt es aber. So soll im Privaten eine Obergrenze von zehn Personen gelten, sobald eine ungeimpfte Person dabei ist. Zudem gibt es eine Ausnahme vom Testobligatorium bei 2G plus. Und zwar für alle, die vor weniger als vier Monaten ihre letzte Impfung hatten oder erkrankt sind.
Passend zu dieser Ausnahme verkündete Bundesrat Alain Berset in einem Nebensatz eine positive Nachricht, auf die viele sehnsüchtig warteten: Boostern darf man künftig schon nach vier, statt wie heute erst nach sechs Monaten. Dies, weil inzwischen klar ist, dass die Impfung gegen Omikron weniger gut schützt als gegen Delta – ein Booster die Wirkung aber deutlich erhöht. Hier hinkt die Schweiz anderen Ländern hinterher. Ganz offiziell ist der Entscheid noch nicht: Die eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif), die lange auf einer Frist von sechs Monaten beharrte, muss ihn nächste Woche noch öffentlich bestätigen.
Massnahmen allein dürften kaum reichen
Weiter als erwartet geht der Bundesrat mit der 10er-Regel. Zur Diskussion stand zwar auch eine Obergrenze von fünf Personen, doch die Kantone lehnten diese entschieden ab und kritisierten, eine Kontrolle sei unmöglich. Obwohl die Obergrenze nun höher liegt, greift der Bundesrat damit stark in den privaten Bereich ein. Ein Bereich, in dem er bisher erst dann strikte Beschränkungen erliess, wenn er gleichzeitig einen Shutdown beschloss. Der Entscheid ist aber insofern konsequent, als dass das Ansteckungsrisiko bei Treffen zu Hause gross ist. Und sich Treffen von Ungeimpften wegen 2G ins Private verschieben werden. Die 10er-Regel kann somit helfen, eine Überlastung der Spitäler zu verhindern. Nur: Das dürfte kaum reichen.
Impfen und Wahleingriffe verschieben
Somit sind in einer delikaten Situation erneut die Kantone am Zug – und zwar gleich bei den zwei wohl wichtigsten Punkten: Einerseits müssen die Kantone die Impfkapazitäten schnell hochfahren, damit die Verbreitung der Omikron-Variante gebremst werden kann und Impfwillige nicht wochenlang auf ihren Termin warten. Gleichzeitig müssen sie schnellstmöglich die Verschiebung von Wahleingriffen verfügen.
Die Aufforderung des Bundesrats ist unmissverständlich. Er darf in der geltenden «besonderen Lage» nicht selbst durchgreifen. Bis Ende Monat rechnet die Regierung mit bis zu 400 Covid-Intensivpatienten. Das sind rund hundert mehr als heute – und vielen Spitälern fehlt bereits jetzt das Personal, um die Intensivpatienten angemessen zu betreuen. Handeln die Kantone nicht, droht der Schweiz Ende 2021 genau das, was man seit Beginn der Pandemie verhindern will: die harte Triage in den Spitälern.