- Die Räumung des im Berg verschütteten Munitionslagers von Mitholz kostet 1.5 Milliarden Franken, zeigen neuste Schätzungen.
- Die Teuerung und Risiken bei den Räumungsarbeiten könnten das Vorhaben zusätzlich um rund eine Milliarde Franken verteuern.
- Deshalb soll dem Parlament ein Kredit von 2.5 Milliarden Franken vorgelegt werden.
Dass rund eine Milliarde für Unvorhergesehenes eingeplant ist, hat seinen Grund: nach wie vor gibt es viele Unsicherheiten zur genauen Lage, zum Zustand und zu den Mengen der verschütteten Munition. Dazu kommen anspruchsvolle geologische und hydrologische Verhältnisse, wie das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) an einer Information der Bevölkerung bekannt gab.
Das Projekt zur Räumung der verschütteten Munition ist auf rund 25 Jahre angelegt. Dementsprechend muss auch die Teuerung miteinbezogen werden. Frühere, weniger detaillierte Kostenschätzungen gingen noch von Räumungskosten von 500 bis 900 Millionen Franken aus.
Die Katastrophe von Mitholz 1947
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Bild 1 von 10. Nach der Schreckensnacht in Mitholz zeugen Trümmer und beschädigte Häuser von der Katastrophe. Es ist die Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 1947, als sich in der Gemeinde Kandergrund im Berner Oberland eine der grössten Explosionskatastrophen der Schweiz ereignet. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 10. In einem Munitionslager der Schweizer Armee kommt es zu einer Reihe schwerer Explosionen. Rund 4000 von 7000 Tonnen eingelagerter Munition explodieren oder verbrennen. Im Bild: Die zugemauerten Stolleneingänge des ehemaligen Munitionslagers. Bildquelle: VBS.
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Bild 3 von 10. Einer der Stollen nach der Explosion. Bildquelle: VBS.
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Bild 4 von 10. Die Felswand, in der sich das Munitionsdepot befindet, stürzt ein, wobei sich etwa 250'000 Kubikmeter Gestein lösen. Bildquelle: VBS.
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Bild 5 von 10. Neun Menschen sterben, mehrere werden verletzt. 200 Personen sind obdachlos. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 10. Die Explosionen sind so gewaltig, dass 40 Häuser zerstört oder beschädigt werden. Der Sachschaden wird auf 100 Millionen Franken geschätzt, was heute 490 Millionen Franken entspricht. Bildquelle: VBS.
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Bild 7 von 10. Im Kirchlein Kandergrund findet die Trauerfeier für die Opfer der Explosionskatastrophe statt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 10. Die Katastrophe löst eine Solidaritätswelle in der Bevölkerung aus. Im Schulzimmer in Kandergrund türmen sich bald Spenden und Pakete aller Art (Foto vom Januar 1948). Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 10. Aufräumen nach der Katastrophe: Bahnarbeiter reparieren die Gleise. Die Bahnstrecke ist tagelang unterbrochen und die Station Blausee-Mitholz der Lötschbergbahn zerstört. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 10. Wohin mit den Munitionsrückständen? Um den Gefahren durch überalterte Munitionsbestände zu begegnen, beschloss der Bundesrat im März 1948, 2500 Tonnen Artilleriemunition im Thuner-, Brienzer- und Vierwaldstättersee zu versenken. Zusätzlich wurden rund 1500 Tonnen von Rückständen aus Mitholz im Thunersee versenkt. Bildquelle: VBS.
Die Kostenplanung will das VBS nun noch extern prüfen lassen. Die genauen Beträge sollen mit der Botschaft zum Verpflichtungskredit vorliegen. Diese will der Bundesrat bis Ende Jahr ans Parlament verabschieden, wie das VBS in einer Mitteilung schreibt.
Verschüttete Munition enthält Schadstoffe
In den vergangenen Monaten haben Fachleute auch ein genaueres Bild der Schadstoffbelastung gewonnen. Mit den rund 3500 Bruttotonnen Munitionsrückständen im verschütteten Stollen, in den Felsklüften und im Schuttkegel vor der Anlage bestehe ein grosses Schadstoffpotenzial, da Munition Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Zink und Antimon enthalte.
Das heisst, dass die Räumung so geplant werden muss, dass eine Belastung der Umwelt durch Sprengstoffrückstände, Schwermetalle und Ähnliches verhindert werden kann. Für die umfangreichen Bauarbeiten zum Abtragen der Fluh, in der sich die verschüttete Munition befindet, braucht es also nicht nur Vorkehrungen gegen die Explosionsgefahr, sondern auch gegen Umweltrisiken.
Und auch das abgebaute Material muss eingehend geprüft, entsprechend behandelt und gereinigt und schliesslich deponiert oder entsorgt werden. Dazu braucht es laut VBS noch detailliertere Materialbewirtschaftungskonzepte. Ausserdem muss auch die Räumstelle selber vor Naturgefahren wie Steinschlag oder Hochwasser geschützt werden.
Das alles schlägt sich auf die Kosten nieder. Für die Materialbewirtschaftung, die Beseitigung der Schadstoffe, für Schutzmassnahmen gegen Naturgefahren und weitere Massnahmen im Bereich Umwelt wird rund eine Viertelmilliarde Franken eingerechnet.
In Mitholz sind bereits seit dem Sommer bauliche Aktivitäten im Gang. Es finden Untersuchungen für verschiedene planerische Vorarbeiten und Vorbereitungen für die Erstellung von Schutzbauten statt.
Ab etwa dem Jahr 2030 will das VBS das Lager nun räumen. Schon ab circa 2025 müssen erste Bewohner ihre Häuser verlassen, weil ab diesem Zeitpunkt die Bauarbeiten für Schutzbauten für Strasse und Bahn durchs Tal beginnen sollen. Die Räumung des im Berg verschütteten Munitionsdepots ist ein für die Schweiz in diesem Ausmass bisher einmaliges Projekt.