Diesen Frühling ändert der Impfplan in der Schweiz für Kleinkinder bis zwei Jahre grundlegend. Sie erhalten künftig eine Impfdosis weniger. Grund für die Änderung ist eine Neubeurteilung – denn der Schutz vor schweren Infektionskrankheiten soll trotzdem hoch bleiben.
Tamara Suarez ist leitende medizinische Praxisassistentin in der Kinder- und Jugendpraxis in Muri bei Bern. Suarez impft die Kinder in der grossen Praxis nach der ärztlichen Konsultation mit den Eltern. Sie sagt: «Wir impfen so viel wie nötig, aber nicht mehr, als man muss.»
Primär gilt: Wir wollen einen sehr guten Schutz der Säuglinge und sicher sein, dass wir kein Risiko eingehen.
Ab Ende März empfiehlt der Bund bei Kleinkindern auf eine der vier Dosen zu verzichten – die Impfung mit sechs Monaten fällt weg: «Für uns ist es sehr gut, wenn wir eine Dosis weniger Impfen müssen. Wir wissen nun, dass das genügt», sagt Suarez. Und auch für die Eltern sei die Umstellung kein Problem. Denn mit einer Impfung weniger für das Kind seien auch sie einverstanden.
Rein medizinische Begründung
So braucht es auch weniger Impfstoff – was in Zeiten der knappen Impfstoffe willkommen ist. Das war laut der Eidgenössischen Kommission für Impffragen aber nicht ausschlaggebend, auf die eine Impfdosis zu verzichten. Vielmehr war es die Einsicht, dass drei Dosen reichen für den gleichen Impfschutz.
Christoph Berger sagt, man habe die epidemiologische Lage, die Wirksamkeit der Impfstoffe und die Erfahrungen anderer Länder berücksichtigt. Nordeuropäische Länder oder auch Italien würden schon länger so vorgehen: «Sie haben gezeigt, dass es funktioniert. Primär gilt: Wir wollen einen sehr guten Schutz der Säuglinge und sicher sein, dass wir kein Risiko eingehen.» Von der Einsicht der Kommission bis jetzt zu den neuen Impfempfehlungen seien drei Jahre vergangen.
Konkret geht es um den Schutz vor Diphtherie, Starrkrampf, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und schwerwiegenden Infekten wie Kehlkopf- oder Hirnhaut-Entzündung. Mit einem Sechsfach-Impfstoff bedeutet das für die Kinder künftig einen Stich, im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten.
Ein weitere Impfung ist gegen Masern, Mumps und Röteln nötig. Weil Masern in der Schweiz immer mal wieder gehäuft auftreten, sollen Säuglinge besser geschützt werden. Deshalb wird diese Impfung neu drei Monate früher gemacht, im Alter von 9 und 12 Monaten.
Weniger Impftermine
Insgesamt werde das Impfen einfacher und Impftermine gingen weniger vergessen, ist Berger überzeugt: «Wir wollen nicht verschiedene Impfschemata für Frühgeborene, Risikopatienten und Krippenkinder. Wir wollen eines.»
Eines für alle Kinder in den ersten Lebensjahren. Das macht Impfen einfacher – für die Eltern und die Kinder, denn zu den vorgesehenen Zeitpunkten sind sie ohnehin in der kinderärztlichen Untersuchung – und für die Angestellten in den Arztpraxen.
Diskussionen werden bleiben
In der Kinder- und Jugendpraxis Muri bestätigt das die leitende medizinische Praxisassistentin Tamara Suarez. Allerdings erwartet sie Diskussionen bei der 12-Monats-Kontrolle – denn hier sind künftig drei kleine Stiche vorgesehen. Es sei zwar für das Kind nicht angenehm, mehrmals hintereinander zu impfen. «Das Kind weint und schreit, aber rein medizinisch ist das kein Problem.»
Kinder, welche nach bisherigem Impfplan geimpft worden seien, würden so weiterfahren. Ein Umstellen auf Knopfdruck gebe es also nicht. Mit weniger mehr erreichen: so liesse sich der neue Impfplan zusammenfassen. Der Praxisbeweis steht noch aus.