SP-Politiker Mustafa Atici ist neuer Regierungsrat in Basel-Stadt. Er holte im zweiten Wahlgang 51 Prozent der Stimmen. Mit Atici zieht erstmals ein Politiker mit Migrationshintergrund in die Basler Regierung ein. Schon am Mittag war mit der Bekanntgabe der brieflichen Stimmen klar, dass Mustafa Atici die Wahl gelingt. Der stets ruhige Atici strahlte: «Ich freue mich riesig. Mir fehlen die Worte.»
Der 54-Jährige ist gebürtiger Kurde und kam mit 23 Jahren aus der Türkei in die Schweiz. Er sagt selber, er sei der erste Mustafa in einer Schweizer Kantonsregierung und das sei gut so. Die Schweiz profitiere von Menschen mit Migrationshintergrund in Kultur, Sport und Wirtschaft, in hohen politischen Ämtern aber noch zu wenig: «Ich bin mir sicher, dass ich mit diesem Resultat heute mit meinem Werdegang nicht nur in meinem Kanton, sondern auch schweizweit viele Menschen ermutigt habe: Macht mit, es klappt, es ist gut. Dieses Zeichen für eine erfolgreiche Vielfältigkeit finde ich wichtig.»
Dass sie diverser zusammengesetzt ist und die Zusammensetzung der Bevölkerung besser repräsentiert, finde ich einen Mehrwert für diese Regierung.
Atici hat sich deshalb auch als Bundesratskandidaten ins Spiel gebracht, zog sich dann aber zugunsten seines langjährigen Freundes und politischen Weggefährten Beat Jans zurück. Bundesrat Jans war heute selber im Wahlzentrum, um zu gratulieren. Er sagt zur künftigen Regierung: «Dass sie diverser zusammengesetzt ist und die Zusammensetzung der Bevölkerung besser repräsentiert, finde ich einen Mehrwert für diese Regierung. Das passt zu Basel, und das freut mich.»
Zwei Jahrzehnte in der Politik
Seit 20 Jahren ist Atici in der Politik – er sass 16 Jahre im Basler Parlament und vier Jahre im Nationalrat, bis er letzten Herbst nicht wiedergewählt wurde. Dies auch deshalb, weil Basel einen Nationalratssitz verlor. Aticis Schwerpunkt sind Bildungsthemen, in Basel wird er voraussichtlich das Erziehungsdepartement übernehmen.
Kritisch gegenüber Mustafa Atici als Regierungsrat ist die Basler LDP-Nationalrätin Patricia von Falkenstein. Ihrer Meinung nach fehle ihm die nötige Erfahrung für das neue Amt: «Was die Führung eines so grossen Departements anbelangt, da bin ich mir nicht sicher. Er hatte nie irgendeine Führungsfunktion in der Partei, auch in Bern nicht, und ich glaube, das gehört schon dazu.»
Mustafa Atici kam in die Schweiz, um Wirtschaft zu studieren, und eröffnete bald seinen ersten Kebabladen. Heute hat der Gastro-Unternehmer rund 30 Mitarbeitende und betreibt mehrere Essensstände im Basler Fussballstadion. Er war in den letzten gut 20 Jahren bei fast jedem Heimspiel des FC Basel selber im Einsatz, wie er SRF vor ein paar Wochen sagte. Es sei ihm wichtig, für seine Angestellten ein Vorbild zu sein. «Ich schaue immer, ob es genug Salat und Dönerfleisch gibt, genügend Bier vorhanden ist und ob die Geräte gut funktionieren.»
Niemand von uns ist im Leben in allen Bereichen perfekt unterwegs. Hauptsache ist der Wille, etwas zu gestalten, etwas zu verändern.
Seine Vernetzung mit und Nähe zu den Menschen bezeichnet Atici als seine Stärke. Dabei hindere ihn auch nicht, dass er Hochdeutsch statt Dialekt und nicht fehlerfrei spreche, wofür er im Wahlkampf teils kritisiert wurde. «Soll ich nicht Verantwortung übernehmen? Niemand von uns ist im Leben in allen Bereichen perfekt unterwegs. Hauptsache ist der Wille, etwas zu gestalten, etwas zu verändern.»
Zurück im Basler Wahlforum bleibt die Frage, ob Atici auch als Regierungsrat weiterhin Kebab verkaufen wird. Das sei vorbei, so Atici. Aber als FCB-Fan sei er hoffentlich immer noch häufig im Stadion.