Die Worte «frei und sicher» prangen auf der grossen Projektion mit der verschneiten Bergwelt über dem blauen Urnersee, welche die SVP im Medienzentrum in Bern präsentierte. Das sei die Wunsch-Schweiz der SVP, doch die sei nicht mehr so, stellte Parteipräsident Albert Rösti fest. Die Schweiz sei geprägt von überfüllten Zügen, verstopften Strassen, von «herumhängenden Asylanten» an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen. «Da ist ein Bild, das uns nicht gefällt.»
Zwar ist die Zuwanderung insgesamt zurzeit tiefer als auch schon und die Asylzahlen sind so tief wie seit 2010 nicht mehr. Aber die Partei, die vor fünf Jahren Volk und Stände von der Masseneinwanderungsinitiative überzeugt hat, will im Wahljahr das Thema weiter bewirtschaften, die Initiative gegen die Personenfreizügigkeit mit der EU ist eingereicht.
Zersiedelung, Dichtestress, Prämien
Für die SVP ist und bleibt die Zuwanderung schuld an ganz vielen Problemen im Land: An der Zersiedelung, am Dichtestress, an den finanziellen Problemen bei den Sozialwerken und an den hohen Krankenkassenprämien. Und die Zuwanderung gefährde die Arbeitsplätze der Schweizer über 50, betonte Rösti gleich mehrmals. «Das mit den über 50-Jährigen ist sehr ernst zu nehmen, erklärte er und verwies auf die vielen Mails, die er wöchentlich aus der ganzen Schweiz erhalte.
Sie können den Firmen nicht vorwerfen, dass sie billigere Arbeitskräfte anstellen, wenn das der Staat ermöglicht...
Schuld daran und am Lohndruck seien nicht etwa die Unternehmen, die einfach lieber junge, billigere Leute einstellten, meint Rösti auf Nachfrage, sondern die falsche Politik: «Das ist direkt der Migration geschuldet. Sie können den Firmen nicht vorwerfen, dass sie billigere Arbeitskräfte anstellen, wenn das der Staat ermöglicht oder mit der Personenfreizügigkeit sogar fördert.»
Die SVP ist heute die Chrampfer-Partei, die Büezer-Partei.
Der deutliche Fokus auf ältere, geringverdienende Arbeitnehmer ist neu im SVP-Repertoire. Die Partei versucht so, mit ihrem Thema Zuwanderung bei Wählerinnen und Wählern zu punkten, die lange nach links, zur SP, tendierten. SVP-Programmchef, Nationalrat und Weltwoche-Autor Peter Keller gibt sich selbstbewusst: «Die SVP ist heute die Chrampfer-Partei, die Büezer-Partei. Für diejenigen, die etwas leisten und nicht einfach auf den Staat schauen.»
AHV und Rentenalter
Diese «Chrampfer» sorgen sich laut dem Credit-Suisse-Sorgenbarometer sehr um ihre Altersvorsorge. Die SVP bemüht sich bei diesem Thema, das bislang nicht zur ihren Schwerpunkten gehörte, Lösungen zu präsentieren. Die eine ist die Umlagerung von einer Milliarde Franken von der Entwicklungshilfe zur AHV.
Der andere Programmpunkt dürfte bei den älteren «Chrampfern» nicht so populär sein: die schrittweise Erhöhung des Rentenalters. Rösti relativiert und schlägt den Bogen zum Kernthema: Die SVP sei klar für die Angleichung des Rentenalters von Frau und Mann als ersten Schritt. Über weitere Schritte könne momentan tatsächlich nicht gesprochen werden: «Hier muss zuerst die Zuwanderung wieder gesteuert werden, damit genügend Arbeit in der Schweiz für die Inländer vorhanden ist.»
Das Wahlziel
Beim Wahlziel gibt sich die SVP bescheiden. Den hohen Wähleranteil von mehr als 29 Prozent halten würde ihr genügen. Und auch im Ständerat sollen es höchstens zwei Sitzgewinne sein. Möglicherweise reagiert die SVP damit auf die durchzogenen Resultate in den kantonalen Wahlen seit 2015. Vielleicht steckt aber auch die Überlegung dahinter, dass wer sich bescheidene Ziele steckt, am Ende auch eher als Wahlsieger feiern kann.