Alles und alle seien bereit, versichert Justizministerin Karin Keller-Sutter. Kürzere Verfahren nützten allen, nicht zuletzt den Asylsuchenden selber: «Wenn ein Asylbewerber schnell weiss, woran er ist und allenfalls die Schweiz verlassen muss, ist das einfacher, als wenn er jahrelang in einem Verfahren steckt und am Schluss einen negativen Bescheid erhält.»
Fast alle Standorte der 18 Bundesasylzentren sind inzwischen bekannt, die meisten bereits in Betrieb, etwa 4000 von 5000 geplanten Plätzen bereit, bestätigt Mario Gattiker, Chef des Staatssekretariates für Migration (SEM). Obwohl im Moment die Lage mit noch gut 15'000 Asylgesuchen pro Jahr sehr entspannt sei, brauche es den letzten Ausbauschritt: «Die Situation kann sich rasch wieder ändern. Bereits 2000 Asylgesuche in einem Monat lasten das System voll aus.» Darauf müsse man vorbereitet sein.
Das sieht man in den Kantonen gleich. Ende der 90er-Jahre – während des Kosovo-Krieges – kamen dreimal mehr Asylsuchende als heute. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 waren es wieder fast 40'000.
Es brauche also Reserven, betont der Bündner Marcel Suter, Präsident der Vereinigung der Kantonalen Migrationsämter – und viel Flexibilität: «Die Aufgabe wird sein, Ausschläge abzufedern. Brauchen wir neue Plätze, müssen wir abbauen bei Plätzen und Personal, wie schnell können wir bei Bedarf wieder rekrutieren?»
Polemik um «Gratisanwälte» vorbei
Bei den Rechtsvertretern für Asylsuchende trägt allerdings nicht der Staat, sondern tragen private Organisationen das Schwankungsrisiko. Sie werden von NGOs wie Caritas, Heks, oder dem Arbeiterhilfswerk gestellt. Einst als «Gratisanwälte» vor allem von der SVP bekämpft, sind diese Rechtsbeistände inzwischen kaum mehr ein Aufreger.
Wohl auch, weil während der Testphase nicht wie befürchtet mehr, sondern deutlich weniger Beschwerden gegen erstinstanzliche Asylentscheide eingereicht wurden. Peter Meier, Leiter Asylpolitik der Schweizer Flüchtlingshilfe, fühlt sich bestätigt: «Dank der unentgeltlichen Rechtsvertretung ist das neue Verfahren fair, transparent und effizient.»
Problematisch könne aber werden, dass die Asylentscheide nicht mehr zentral, sondern verteilt in sechs Asylregionen fallen: «Es besteht die Gefahr, dass sich regional unterschiedliche Praxen entwickeln und sich Entscheide unterscheiden. Dann wäre die Rechtstaatlichkeit der Verfahren gefährdet.»
Grosszügige Asylentscheide in einer Region und harte in einer anderen: das wäre tatsächlich schlecht, gibt Justizministerin Keller-Sutter zu. Die Gefahr sei aber klein: «Es gibt ein Gesetz und eine Praxis, die durchgesetzt wird.»
Ein glaubwürdiges Asylsystem steht und fällt mit dem Wegweisungsvollzug.
Durchsetzen wollen die Behörden auch, dass abgelehnte Asylsuchende auch ausreisen. Oft scheitert das an den Herkunftsländern, die ihre Landsleute nur aufnehmen, wenn diese freiwillig zurückkommen. Zwar habe die Schweiz inzwischen Rückübernahmeabkommen mit rund 60 Staaten abgeschlossen und die Vollzugspendenzen halbiert, betont Keller-Sutter. Aber es bleibt viel zu tun: «Das ist Knochenarbeit. Denn ein glaubwürdiges Asylsystem steht und fällt mit dem Wegweisungsvollzug.»
Und auch mit noch besserer Integration jener Flüchtlinge, die in der Schweiz bleiben dürfen. Das ist vor allem Aufgabe der Kantone. Als eine Art Starthilfe bekommen sie vom Bund künftig drei Mal mehr Geld – 18'000 statt wie bis jetzt bloss 6000 Franken pro Flüchtling.