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«No Billag»-Initiative Nicht nur die SRG wäre in Gefahr

Eine Annahme von «No Billag» würde die Schweizer Medienlandschaft stark verändern. Unklar ist bloss, wie genau.

Für Otfried Jarren, Professor für Publizistik an der Universität Zürich, ist klar: Bei einem Ja zu «No Billag» würde die Schweizer Medienlandschaft fundamental umgewälzt. «Die Qualität des sehr hohen Informationsangebots in der Schweiz würde mit Sicherheit relativ rasch sinken», sagt er. Die Möglichkeiten, sich unabhängig und uneingeschränkt zu informieren, würden kleiner. Für Jarren wäre dies ein «Rückschritt» und im europäischen Vergleich eine «Isolationsposition».

Viele Privatsender auf Gebührengelder angewiesen

Betroffen wäre die SRG mit ihren Radio- und Fernsehsendern, betroffen wären aber auch 34 private Radio- und Fernsehstationen, die heute aus dem Gebührentopf insgesamt 67 Millionen Franken pro Jahr erhalten und im Schnitt ihr halbes Budget damit bestreiten.

Mann mit Brille und Schnauz.
Legende: Diego Yanez setzt sich für eine Ablehnung von «No Billag» ein. Keystone

Wer füllt das Vakuum?

Bei einer Schrumpfung oder gar einem Wegfall der SRG entstünde ein Vakuum, sagt Diego Yanez. Er ist ehemaliger Chefredaktor des Schweizer Fernsehens und Vorstandsmitglied des Komitees «Nein zum Sendeschluss», das gegen «No Billag» kämpft: «In Zukunft hätten nur noch ausgesprochen kommerzielle Sendungen eine Chance.»

Yanez glaubt nicht, dass die Schweizer Privatsender von dem Vakuum profitieren würden, sondern es wären deutsche, französische und italienische Sender, die in die Bresche springen würden.

SRG auch ohne Gebührengelder?

Mann mit Brille.
Legende: Andreas Keeb setzt sich für eine Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren ein. srf

Ganz anders sehen das die Initianten: Die SRG könnte auch ohne Gebühren weiterbestehen, sagt Mitinitiant Andreas Kleeb. Eine «reduzierte und freigelassene» SRG habe eine grosse Zukunft und könne ein sehr innovativer Betrieb werden. «Wie das schon die Post und die Swisscom konnten».

Laut Kleeb soll sich die SRG einerseits mit Werbung finanzieren, auch am Radio. Zudem könnte die SRG, so Kleeb, Abonnemente für einzelne Sendungen wie «Tagesschau» oder «Echo der Zeit» verkaufen. Die SRG solle ihre «tollen Produkte, die im Markt nachgefragt werden» also mittels Pay-TV und Pay-Radio weiterhin an kaufwillige Zuschauer und -hörer anbieten.

Es gibt global keine Beispiele dafür, dass über Pay Vollprogramme finanziert werden können.
Autor: Otfried Jarren Publizistik-Professor Uni Zürich

«Es gibt global keine Beispiele dafür, dass über Pay Vollprogramme finanziert werden können», sagt Publizistikprofessor Otfried Jarren. Insbesondere ein umfassendes Informationsangebot mit einem Korrespondentennetz sei teuer und nicht rentabel. Hinzu kommt, dass die Schweiz ein mehrsprachiges Land ist: Heute finanzieren die Deutschschweizer Gebührenzahler die SRG-Angebote in den anderen Sprachregionen mit. Diese Unterstützung fiele bei der Annahme der Initiative weg.

Es ist eine Gesundschrumpfung angesagt.
Autor: Andreas Kleeb Mitinitiant No-Billag-Initiative

«No Billag»-Mitinitiant Kleeb dagegen glaubt nicht an einen Kahlschlag in den anderen Sprachregionen: Diese würden heute von der SRG überversorgt: «Eine Gesundschrumpfung ist angesagt», sagt er. Das Ziel sei, dass die Bürgerinnen und Bürger nur für jene Medien bezahlen müssten, die sie auch wirklich nutzen.

Jarren, ein älterer Mann mit Stirnglatze und Brille.
Legende: Professor Otfried Jarren ist auch Präsident der eidgenössischen Medienkommission EMEK. Keystone

Ein öffentliches Gut kostet etwas

Gut aufbereitete Information sei ein öffentliches Gut, betont hingegen Jarren. Deshalb sollten die Medien auch von der Allgemeinheit unterstützt werden. Denn Informationen müssten allen zugänglich sein: «Es geht nicht nur um die Politik. Es geht auch um die Entscheidung, wo ich mein Geld anlege oder welche Krankenkasse ich besser oder schlechter finde.»

Das alles seien Informationen, die für den Lebensalltag der Leute genauso relevant seien wie die Politik. Diese Informationen stünden nicht einfach so zur Verfügung. «Sie müssen erzeugt werden, und das kostet nun einmal Geld», sagt Jarren.

Grosse Unklarheit bei einem Ja

Wie es bei einem Ja am 4. März genau weitergehen würde, ist umstritten: Der Initiativtext schreibt vor, dass der Bund ab dem 1. Januar 2019 keine Radio- und Fernsehgebühren mehr einziehen darf. Doch im Grunde muss eine erfolgreiche Initiative erst vom Parlament mit einem Gesetz umgesetzt werden. Das dauert normalerweise zwei bis drei Jahre. Was in der Zwischenzeit passieren würde, sei völlig unklar, so Professor Jarren.

Klar sei einzig, dass die Stimmbevölkerung mit einem Ja zu «No Billag» einiges an Ungewissheit in Kauf nehme.

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