Mit dem Velo über die Autobahn oder mit dem Pferd durch die Stadt: Es waren ungewohnte Bilder, die im November 1973 um die Schweiz gingen, Bilder des autofreien Sonntags. Der Bundesrat hatte zuvor drei von ihnen als Reaktion auf die Benzinknappheit angeordnet.
Seither wurden autofreie Sonntage immer wieder ein politisches Thema, mehrere Initiativen blieben ohne Erfolg. Zumindest in den Städten scheint der Wind nun aber zu drehen.
Das jüngste Beispiel dafür kommt aus Schaffhausen. Das Stadtparlament hat am Dienstagabend ein Postulat der Alternativen Liste an den Stadtrat überwiesen. Dieser muss nun prüfen, wie in Schaffhausen mehrere autofreie Sonntage im Jahr realisiert werden können. Der Vorstoss hat zum Ziel, in den Quartieren Strassen und Plätze für den motorisierten Verkehr zu sperren, um Feste oder Veranstaltungen stattfinden zu lassen.
Es braucht eine tragbare und finanzierbare Lösung.
Kritisiert wurde der Vorstoss von der SVP. Es gäbe bereits genügend Plätze, um Feste zu feiern, dafür müssten nicht Strassen gesperrt werden. Dank einer Mehrheit aus Mitte- und Linksparteien muss der Stadtrat das Anliegen nun aber prüfen. Und die Regierung zeigt sich offen. «Es braucht eine tragbare und finanzierbare Lösung», sagte Sozialreferentin Christine Thommen. Eine Testphase soll nun zeigen, ob die Quartiere an autofreien Sonntagen interessiert sind.
Das Comeback in den Städten
Die Forderung nach autofreien Sonntagen erlebt in den Städten derzeit eine Renaissance. Anfang Jahr hatte bereits Winterthur grünes Licht gegeben. Im September soll der Auftakt erfolgen, die Technikumstrasse in der Innenstadt wird für den Verkehr gesperrt. Auf Grundlage dieser Erfahrungen sollen in der Folge vier autofreie Sonntage im Jahr organisiert werden. «Es gibt bereits Ideen für diese Anlässe», sagte die Winterthurer Stadträtin Katrin Cometta im Regionaljournal Zürich Schaffhausen. «Spruchreif seien sie aber noch nicht.»
Den Städten werden bei der Organisation von autofreien Sonntagen aber Leitplanken gesetzt. «Die rechtlichen Grenzen sind eng», so Cometta. Kantonsstrassen liegen in der Hoheit der Kantone und dürfen von den Städten nicht gesperrt werden. Winterthur will nun mit dem Kanton Zürich das Gespräch suchen, um grossflächiger Gebiete autofrei machen zu können.
Auch die Stadt Bern kennt den autofreien Sonntag, schon länger stehen die Autos in der Hauptstadt an einem Tag im Jahr still. Aufgrund klammer Finanzen fand der Anlass im letzten Jahr nicht statt, im September 2019 prägten aber noch Liegestühle und Planschbecken das Bild rund um die Effingerstrasse in der Nähe des Hauptbahnhofs.
Kantone reagieren skeptischer
Während autofreie Tage in den Städten zusehend beliebter werden, haben es diese Forderungen auf kantonaler Ebene schwer. So schmetterte etwa der Kanton Solothurn am Ende des letzten Jahres einen Volksauftrag ab. Die Initianten forderten kantonsweit vier autofreie Sonntage im Jahr. Und auch im Baselstädtischen Kantonsparlament blieben solche Forderungen chancenlos.
Ein Grund hierfür dürfte sein, dass sich die Beweggründe gewandelt haben. War vor fast 50 Jahren noch die Benzinknappheit ausschlaggebend, sind es heute Umweltüberlegungen. Und diese sind gerade in den Städten ausgeprägter als auf dem Land. Dass der Einfluss auf den CO2-Ausstoss mit einem autofreien Sonntag minim ist, ist den Städten durchaus bewusst. Es gehe um Sensibilisierung, heisst es aus Schaffhausen und Winterthur.