Am Montag beginnt in der Schweiz der neuen Studienlehrgang Medizin. Wurden in den 90ger-Jahren noch 8000 Obduktionen pro Jahr durchgeführt, sind es heute nur noch knapp 2000 pro Jahr. Dabei geht es nicht um Kriminalfälle wie in einem Tatortfilm, sondern um Obduktionen zu medizinischen Zwecken.
Viele Ärzte denken, man weiss schon alles über den Verstorbenen.
Dass die Obduktionszahlen völlig eingebrochen sind, stellt auch das Universitätsspital Zürich fest. Pathologe Holger Molch sieht dafür verschiedene Gründe. Einer: die verbesserte Diagnostik zu Lebzeiten des Patienten. «Viele Ärzte denken, man weiss schon alles über den Verstorbenen.» Ein weiterer Grund sei, dass jüngere Ärzte die schwierigen Gespräche mit den Angehörigen scheuten.
Inzwischen führen einige Spitäler gar keine Obduktionen mehr durch. Nicht so im Spital Uster. Chefärztin Esther Bächli ist eine überzeugte Befürworterin von Obduktionen. Da erstaunt es nicht, dass in Uster jährlich über 50 Leichen untersucht werden. Die Obduktion sei ein wichtiges Instrument zur Qualitätssicherung, ist die Chefärztin überzeugt.
Wir lernen aus der Obduktionen, ob die Behandlung vor dem Tod korrekt war.
Die Obduktion zeige auf, ob der Patient vor seinem Tod korrekt behandelt wurde. Aussserdem gebe eine Obduktion Aufschluss über neue Krankheiten oder auch unbekannte Nebenwirkungen neuer Medikamente. «Wir finden auch familiäre Erkrankungen, die für die Nachkommen des Verstorbenen von Relevanz sind», sagt Esther Bächli.
«Verschiedene Ärzte glauben, dass Untersuchungsmethoden wie die Computertomografie für die Qualitätssicherung reichen.» Aber das genüge eben nicht, findet die Chefärztin.«Viele dieser Organe, die wir in der Tomografie sehen, können wir nicht biopsieren. Es ist zu gefährlich während des Lebens des Patienten.»
Die Chefärztin am Spital Uster setzt deshalb nach wie vor auf Obduktionen. Wurde der Patient richtig behandelt? Haben die Ärzte etwas übersehen? Gibt es unentdeckte Tumore? All diese Fragen könnten mit der Öffnung der Leiche beantwortet werden.