Zum Inhalt springen
Audio
Naturschützer Raimund Rodewald geht in Pension
Aus Regionaljournal Bern Freiburg Wallis vom 14.10.2024. Bild: Keystone/Jean-Christophe Bott
abspielen. Laufzeit 17 Minuten 27 Sekunden.

Oberster Landschaftsschützer Raimund Rodewald: «Ich bin ein Revoluzzer für die Natur»

Als Geschäftsführer der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat Raimund Rodewald viele Bauprojekte verhindert – und sich damit auch viele Feinde gemacht. Er gilt als hartnäckiger Kämpfer, aber auch als konstruktiver Gesprächspartner. Nun geht der oberste Landschaftsschützer der Schweiz in Pension.

Raimund Rodewald

Geschäftsführer Stiftung Landschaftsschutz

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

1959 in Schaffhausen geboren, studiert Raimund Rodewald Biologie an der Universität Zürich. Ab 1990 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz in Bern, seit 1992 leitet er sie. Rodewald gilt als profunder Kenner der Raumplanung. Auf Druck der von ihm lancierten Landschaftsinitiative rangen sich Bundesrat und Parlament zu einer Revision des Raumplanungsgesetzes durch – 2013 wurde diese mit 60 Prozent der Stimmen angenommen. Der Naturschützer gilt als hartnäckiger Kämpfer, aber gleichzeitig auch als konstruktiver Gesprächspartner. Ende Oktober 2024 wird Raimund Rodewald pensioniert.

SRF: Raimund Rodewald, schon 1990, als Sie noch ein einfacher Mitarbeiter bei der Stiftung Landschaftsschutz waren, hat sich die «NZZ» über Sie enerviert, weil Sie den wachsenden Skitourismus kritisierten. Liegt es in Ihrem Naturell, anderen auf die Zehen zu treten?

Raimund Rodewald: Ich war von klein auf ein Revoluzzer für die Natur, wuchs mit den Büchern des Tierfilmers Bernhard Grzimek auf: «Serengeti darf nicht sterben», das hat mich aufgerüttelt.

Ich bin zutiefst harmoniebedürftig und suche nicht den Streit, sondern die Lösung.

In den letzten 35 Jahren haben Sie Ihren Mahnfinger Dutzende Male erhoben, sei es beim Schutz von Moorlandschaften oder den fehlenden Grünflächen in der Stadt. Was hat Sie angetrieben?

Ich habe eine christliche Seele in mir, fühle Respekt und Demut gegenüber der Welt. Und ich realisierte schon früh: Ich will die Welt verändern. Allerdings war ich nie ein Alleinkämpfer. Ich hatte immer Menschen, die mitzogen. Das hat mir bis zuletzt ein Lächeln ermöglicht. Denn: Ich bin zutiefst harmoniebedürftig und suche nicht den Streit, sondern die Lösung.

Das Wort «Harmonie» ist nicht unbedingt das Erste, was einem zu Ihnen einfällt...

Nun, ich habe gelernt, dass es nur miteinander geht. Genau darum ist es wichtig, zu streiten. Und damit meine ich: sich gegenseitig hochschaukeln, um am Ende eine gute Lösung zu finden. Darum mag ich das Wallis: Weil man nach einer harten Auseinandersetzung «eis trichu» geht.

In den letzten zwei Jahren kämpften Sie vehement gegen die Förderung alpiner Solarprojekte. Wie war das für Sie, als das Parlament 2022 – im Schatten der befürchteten Energiekrise – den sogenannten «Solarexpress» verabschiedete?

Ich musste meine Ferien abbrechen. Das kam aus heiterem Himmel, innert drei Wochen hat man den «Solarexpress» im Parlament durchgeboxt.

Mein Glaube an eine eidgenössiche Kompromisshaltung wurde erschüttert.

Dieser Entscheid hat mich zutiefst getroffen, auch wie gegenüber dem Landschaftsschutz argumentiert wurde. Anfangs hiess es sogar, es brauche keinen Umweltverträglichkeitsbericht, man solle einfach drauflosbauen, weil der Strom sonst fehle. Da wurden Emotionen geschürt, die meinen Glauben an eine eidgenössische Kompromisshaltung erschütterten. Der Erfolg ist bis heute sehr gering.

Und doch geht es um Solarstrom, also um ein Umweltanliegen. Wie schwierig war es, dagegen zu argumentieren?

Wir befanden uns da in einem Spagat. Darum habe mich in die Energiedebatte hineingekniet, habe möglichst viel darüber gelesen. Ich brauchte ein Fundament, um zu verhandeln. Denn es passiert rasch, dass man ins Schwarz-Weiss-Denken verfällt. Zum Glück ist die Diskussion heute etwas differenzierter als vor zwei Jahren. Aber ich glaube einfach: Das Geld, welches etwa in Grengiols im Wallis verbaut wird, ist verlorenes Geld, das man eigentlich bräuchte, um in den Städten, im Mittelland, aber auch den Bergdörfern mit Solarenergie vorwärtszumachen.

Ich bin kein Sesselkleber.

Ende Oktober gehen Sie in Pension. Fällt Ihnen der Schritt leicht?

Ja, ich glaube schon. Weil ich mir bewusst bin, dass man sich als alter, weisshaariger Mann irgendwann aus der Debatte zurückziehen sollte. Und ich bin kein Sesselkleber. Kurz: Ich sehe der Zukunft gelassen entgegen.

Das Gespräch führte Ruth Seeholzer.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 14.10.2024, 17:30 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel