Weil die USA, Deutschland, Frankreich und Italien mehr Geld für ihre Staatskasse brauchen, hat die Organisation für Wirtschaft und Entwicklung OECD eine Mindeststeuer für Grosskonzerne beschlossen.
Bis zum nächsten Jahr soll der Firmensteuersatz in allen OECD-Ländern bei mindestens 15 Prozent liegen. Damit sollen die Firmen weniger Anreiz haben, ihre Domizile von Hoch- in Tiefsteuerländer zu transferieren. Der Mindeststeuersatz gilt aber nur für grosse Firmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Franken im Jahr.
Pharmastandort Basel stark betroffen
Der Pharmastandort Basel mit seinen Grosskonzernen Roche, Novartis oder Lonza, zahlreichen Life-Science-Firmen oder dem Europasitz des Impfstoffherstellers Moderna ist von der Neuregelung stark betroffen.
Wegen des höheren Steuersatzes wird Basel für Grossfirmen steuerlich unattraktiver.
Nach Angaben des Basler Finanzdepartementes wird der Steuersatz auf Kantonsgebiet für 50 Grossfirmen ab 2023 von 13 auf 15 Prozent erhöht. Das dürfte der Basler Staatskasse ordentliche Mehreinnahmen bescheren. Doch so richtig freuen mag sich die Basler Finanzdirektorin Tanja Soland (SP) nicht darüber: «Wir werden wegen des höheren Steuersatzes für Grossfirmen unattraktiver.» Ihre Sorge: Ändert das Steuerregime, überprüfen betroffene Firmen immer ihre Steuersituation. Wird es ihnen zu teuer, könnten sie in Länder ausweichen, in denen die Rahmenbedingungen günstiger sind. «Das gilt es auf jeden Fall zu verhindern», sagt Sozialdemokratin Soland.
Ihre Sorge ist verständlich: Die 50 Firmen, die künftig mehr Steuern zahlen müssen, überweisen jedes Jahr je 500 Millionen Franken Steuern an Bund und den Kanton Basel-Stadt. Sie beschäftigen rund 30'000 Angestellte – der Wegzug auch nur eines Teils dieser Firmen würde Basel treffen.
Rahmenbedingungen verbessern
Das neue Steuerregime lässt aber nicht zu, den Firmen ihre Mehrausgaben direkt wieder zurückzuzahlen – mit auf den Leib geschnittenen Abzügen. Deshalb gilt für alle betroffenen Kantone dasselbe wie für Basel-Stadt: «Wir müssen die Rahmenbedingungen für die Pharma und den Life-Science-Sektor gezielt verbessern», so die Basler Finanzministerin.
Das sind Wünsche, die Firmen immer wieder an uns herantragen.
Ihr Departement schlägt vor, die Hochschulen finanziell zu stärken, vermehrt Kooperationen mit Firmen einzugehen, um deren Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in Basel zu halten sowie – für eine sozialdemokratische Finanzdirektorin vermutlich am heikelsten – die Steuern für Fachleute aus dem Ausland, sprich für Gutverdienende, zu senken. «Das haben nicht wir erfunden. Es sind alles Wünsche, welche die Firmen immer wieder an uns herantragen.»
Unsicherheit aus Bundesbern
Allerdings sind die Vorgaben aus dem Finanzdepartement von Bundesrat Ueli Maurer in den Augen von Tanja Soland noch nicht klar genug. «Wir wissen nicht, wie sich die Mehreinnahmen auf den Finanzausgleich auswirken. Das ist aber essenziell für uns.»
Hintergrund: Mit dem Finanzausgleich unterstützen steuerstarke Kantone die steuerschwachen Stände. Wenn nun aber nur die Mehreinnahmen aus der Mindeststeuer bei der Berechnung des Finanzausgleichs berücksichtigt werden, dann müssten Kantone wie Basel-Stadt plötzlich mehr für die steuerschwachen Kantone zahlen. Tanja Soland: «Wir verlangen deshalb, dass wir unsere Mehrausgaben für die Verbesserung der Rahmenbedingungen von den OECD-Mehreinnahmen abziehen können. Alles andere wäre unfair.» Sie will deshalb darauf hinwirken, dass Bundesbern nicht nur die Mehreinnahmen in die Berechnungen des Finanzausgleichs einfliessen lässt, sondern auch die Mehrausgaben.