Für die Einsicht in amtliche Dokumente der Bundesverwaltung werden «in der Regel» Gebühren fällig. So steht es im Gesetz. In der Realität werden heute allerdings rund 97 Prozent aller Gesuche kostenlos behandelt. Es sind jährlich lediglich einige hundert aufwendiger zu bearbeitende Fälle, wofür Gesamtkosten von um die 15‘000 Franken berechnet werden.
Die parlamentarische Initiative von Edith Graf-Litscher (SP/TG) will nun das Öffentlichkeitsgesetz der Realität anpassen und fordert, dass für den Zugang «grundsätzlich keine Gebühr» erhoben werden soll. Nur bei «äusserst aufwendiger Bearbeitung» durch die Behörden soll etwas berechnet werden.
Sinneswandel im Stöckli
Während der Nationalrat der Initiative bereits deutlich zustimmte, stellte sich der Ständerat in der Sommersession weiterhin quer und trat nicht darauf ein, weil damit einer starker Anstieg aufwendiger Gesuche zu erwarten sei, etwa auch im Zusammenhang mit Medien-Recherchen. Es gehe nicht um die Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips, sondern um die Grundsatzfrage, was eine Leistung der öffentlichen Hand gemäss Verursacherprinzip koste.
Am Mittwoch jetzt der Sinneswandel. Die kleine Kammer stimmte mit 25:18 Stimmen gegen die Mehrheit ihrer staatspolitischen Kommission, die das Anliegen mit erneutem Nichteintreten versenken wollte. Das Geschäft geht damit zurück an die Kommission, die eine entsprechende Vorlage ausarbeiten soll.
Anpassung an die Rechtswirklichkeit
Die Rechtswirklichkeit sei eben anders, denn es herrsche praktisch Gebührenfreiheit, betonte Hans Stöckli (SP/BE) in der Debatte. Der Kanton Bern habe diesen «Paradigmenwechsel» bereits vorgenommen, und es sei zu keinem Anstieg der Gesuche gekommen. Alle ausser ein Kanton hätten zudem empfohlen, diesen Schritt zu machen. «Die Angst, dass die Gesuche explodieren, hat sich in Luft aufgelöst», so Stöckli.
Die Angst, dass die Gesuche explodieren, hat sich in Luft aufgelöst.
Justizministerin: gelebte Praxis
Auch Justizministerin Karin Keller-Sutter plädierte erneut dafür, die bereits gelebte Praxis zu verankern. 2020 hätten die Behörden in fast 98 Prozent der Gesuche auf eine Gebühr verzichtet. Der Gebührenbetrag habe sich auf total 15'189 Franken belaufen: «Wenn das so ist, kann man es auch festschreiben.»
Dem widersprach Daniel Fässler (Die Mitte/AI) und betonte, dass eine Gebühr nur in wenigen Fällen erhoben werde und begründet werden müsse. Mit der neuen Regelung könnten Gesuche künftig offener formuliert werde, was den Aufwand vergrössern werde. Im letzten Jahr etwa seien gar nur in zwei Prozent aller Fälle Gebühren von durchschnittlich 600 Franken erhoben worden. Es gebe keinen Anlass, das Gesetz zu ändern. «Auch die Medien sind hier nicht gefährdet», stellte Fässler fest.