Lausanne hat ein Drogenproblem: Die zweitgrösste Stadt in der Romandie hat seit Jahrzehnten ein Problem mit seiner offenen Drogenszene. «Die Politik hat immer bloss auf Repression gesetzt», sagt dazu Westschweiz-Korrespondent Andreas Stüdli. Eine polizeiliche Aufräumaktion gegen die Dealer folgte auf die nächste. Doch die Drogenhändler und -konsumenten verschwanden bis heute nicht aus dem Stadtbild. Auch mitten in der Stadt sieht man immer noch die speziellen Abfallbehälter für gebrauchte Spritzen. In der Deutschschweiz sind diese schon längst verschwunden.
Die Bürger haben die Dealerei satt: 7000 Personen haben jetzt eine von der FDP lancierte Petition unterschrieben, welcher der Lausanner Polizei in ihrem Kampf gegen den Drogenhandel den Rücken stärkt. Auslöser der Petition war eine Demonstration von rund 500 Personen aus linken Kreisen im März, die eines mutmasslichen Drogendealers gedachten, der einen Tag nach einer Polizeikontrolle gestorben war. Der Polizei warfen die Protestierenden vor, aus rassistischen Motiven Gewalt gegen Schwarze anzuwenden.
Mehr Repression gefordert: Für Diskussion sorgt in Lausanne aber auch ein Zeitungsartikel des bekannten Dokumentarfilmers Fernand Melgar. Darin wirft der 56-Jährige den Behörden Untätigkeit gegen die Dealer vor. Auf Facebook veröffentlichte er Fotos von mutmasslichen Drogenhändlern, ohne ihr Gesicht unkenntlich zu machen. Damit löste der vielfach preisgekrönte Filmemacher eine heftige öffentliche Polemik aus: Gerade er, der selber als Sans-Papier in die Schweiz gekommen sei, wende sich nun gegen Leute, die wie er illegal hierher gekommen seien und kaum Möglichkeiten hätten, sich auf legale Weise ein Auskommen zu sichern. So tönte es aus linken Kreisen.
Mehr Polizisten in der Stadt: Doch der Unmut über die Drogendealer scheint stärker als das Mitgefühl mit ihnen. Entsprechend hat die Polizei auf Anweisung der Politik seit Mitte Juni an ausgewählten Standorten ihre Präsenz markant erhöht. Tatsächlich ging die Zahl der Dealer in den Strassen von Lausanne seither sichtbar zurück. Doch gelöst ist die Problematik damit kaum. Das Thema wird nach den Sommerferien die Politiker beschäftigen: Im Stadtrat und im Waadtländer Kantonsparlament sind dazu Debatten geplant. Gefordert werden etwa abschreckendere Strafen für die Dealer, aber auch Präventionskampagnen für die Jugend.
Antiquierte Drogenpolitik: Einrichtungen und Tagesstrukturen für Drogenabhängige sowie die Abgabe von Drogen oder Methadon an Süchtige hat in der Deutschschweiz die Dealerproblematik zu einem grossen Teil unsichtbar gemacht. Aus dem Strassenbild der Deutschschweizer Innenstädte sind Drogenhändler und -abhängige grösstenteils verschwunden. Nicht so in der Westschweiz: Hier setzt man vor allem auf Repression – und das wohl auch in Zukunft: «Mit der nun eingereichten Petition hat man nicht den Eindruck, dass die Repression rasch fallengelassen wird», sagt dazu Korrespondent Stüdli.
Nach Jahren ein Umdenken? Trotzdem: Die Politiker in Lausanne würden langsam aber sicher erkennen, dass die Repression oftmals ins Leere führt, so Stüdli. Bei den Dealern würden meist nur eine sehr kleine Menge Drogen gefunden. Entsprechend seien sie nach einer Kontrolle und Arretierung schon Stunden später wieder auf freiem Fuss. Unter anderem auch deshalb geht Lausanne zaghaft einen neuen Weg und versucht es jetzt erstmals mit einem Fixerstübli. Und das Jahrzehnte, nachdem sich in der Deutschschweiz solche Einrichtungen zum Konsum harter Drogen unter Aufsicht durchgesetzt haben. Allein: «Um die Problematik mit den Kokaindealern wegzubringen, sind sicher weitere Schritte nötig – auch solche, die weniger mit Repression zu tun haben», ist sich Korrespondent Stüdli sicher.