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Offizielle Covid-Kommunikation «Insgesamt wirkt die aktuelle Krisenkommunikation konzeptlos»

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Aus dem Archiv: Covid-Task-Force soll öffentliche Kommunikation unterlassen
Aus SRF News vom 02.03.2021.
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Die Krise nimmt wieder Fahrt auf. Bund und Kantone legen immer komplexere Massnahmen fest. Die Kommunikation darüber, was wann, wo, unter welchen Bedingungen erlaubt ist, wird zunehmend unüberschaubar. Der Medien- und Kommunikationsforscher Dr. Daniel Vogler vom Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög) stellt den Behörden und Medien kein schlechtes Zeugnis aus. Dennoch hält er deren Leistungen in der aktuellen Krisenkommunikation für ausbaubar.

Daniel Vogler

Kommunikationswissenschaftler

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Dr. Daniel Vogler forscht in den Bereichen Public Relations, Journalismus, Online-Kommunikation, Krisenkommunikation und Computational Methods (Simulationswissenschaft) und ist stellvertretender Direktor des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) an der Universität Zürich.

SRF News: Ist die adäquate Information der Bürger noch gegeben, angesichts der immer komplexer werdenden Corona-Massnahmen?

Daniel Vogler: Die momentan herrschende Vielfalt der Massnahmen macht die Krisenkommunikation tatsächlich schwierig. In Krisen suchen die Menschen nach Orientierung. Da sind klare Botschaften und Handlungsanweisungen von Vorteil. Die Massnahmen sollten nach einem Entscheid einheitlich und mit klaren Botschaften kommuniziert werden.

Die Schwierigkeiten

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Für Daniel Vogler sind derzeit auch die Anforderungen an die Krisenkommunikation enorm. Verschiedene Massnahmen seien schwer zu vermitteln, sagt er. So die 2G+-Massnahme. «Lange ging man davon aus, dass man sich freier bewegen kann, wenn man sich impfen lässt und eine bestimmte Impfquote erreicht wird. Das wurde auch stark kommuniziert. Und jetzt merken wir, dass das doch nicht ausreicht. Das ist für viele wahrscheinlich schwierig zu akzeptieren», sagt Vogler.


Dann die unterschiedliche Ausgestaltung der Massnahmen in den Kantonen. Sie mögen ihren Vorteil haben, findet der Kommunikationsforscher, da man damit gezielter auf unterschiedliche Entwicklungen reagieren kann. Für die Krisenkommunikation sei es aber ein Nachteil. «Es verunsichert die Menschen.»


Ein gutes Beispiel sind für Vogler auch die Massnahmen an den Schulen. Dieser kantonale Flickenteppich bei den Corona-Massnahmen sei nicht nachvollziehbar und schwierig in eine stringente Kommunikation umzusetzen, so Vogler.

Was machen Bund und Kantone in ihrer aktuellen Kommunikation richtig, was könnten sie besser machen?

Die aktuelle Situation ist äusserst anspruchsvoll. Auch aus kommunikativer Sicht lässt sich schwer beurteilen, ob eine andere Strategie zu einem besseren Ergebnis geführt hätte. Insgesamt wirkt die aktuelle Krisenkommunikation von Bund und Kantonen aber konzeptlos. Die Kommunikation vermittelt den Eindruck, dass man reagiert und nicht agiert. Ein gutes Beispiel ist die aktuelle Kommunikation. Man gibt sich gegen aussen überrascht von der schnellen Entwicklung. Das wirkt Ende 2021 einfach unglaubwürdig. Gerade auch, weil viele Expertinnen und Experten wiederholt vor genau diesem Szenario warnten und sich die Entwicklung im nahen Ausland ja abgezeichnet hat.

Krisenkommunikation darf nicht nur auf Bedrohung fokussieren.
Autor: Daniel Vogler

Im Moment fehlen auch klare Führungsfiguren. Aktuell übernehmen weder der Bundesrat noch die Kantone, mit wenigen Ausnahmen, eine solche Rolle. Diskutiert wird im Moment die Einführung eines Krisenstabs. Das hätte den Vorteil, dass auch die Kommunikation zentraler und einheitlicher organisiert werden könnte.

Allerdings darf gute Krisenkommunikation nicht nur auf die Bedrohung fokussieren. Sie muss stets auch Perspektiven aufzeigen. Bund und Kantone haben in ihrer Kommunikation die Freiheiten betont, die mit den vergleichsweise restriktiven Massnahmen einhergehen. Diese Strategie kann man natürlich kritisieren. Sie erhöht aber vermutlich längerfristig die Akzeptanz der Massnahmen.

Die Funktion der Medien

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Medien übernehmen laut Vogler in Krisen wichtige Funktionen. Sie sind vertrauenswürdige Informationsquellen für die Bevölkerung. «Sie stellen wichtige Kanäle für die Krisenkommunikation von Bund und Kantonen dar. Und gleichzeitig übernehmen sie Frühwarn- und Kontrollfunktionen, indem sie Krisenereignisse frühzeitig erkennen und einordnen oder sich kritisch mit den Krisenmassnahmen auseinandersetzen», erklärt der Kommunikationsforscher.

Krisen seien zudem Wahrnehmungsphänomene, sagt Vogler. Das heisst, sie sind auch von der öffentlichen Diskussion über die Ereignisse bestimmt. Wie die Bevölkerung die Krise einschätzt, hängt auch davon ab wie die Medien darüber berichten und welches Gewicht sie dem Thema geben.

Den Medien kommt in der Krise deshalb eine hohe Verantwortung zu. Sie sollten umsichtig agieren und sich dieser Verantwortung bewusst sein, findet Vogler.

Was machen Medien in ihrer aktuellen Kommunikation richtig, was könnten sie besser machen?

Wir haben in unseren Studien zur Qualität der Berichterstattung über die Coronapandemie festgestellt, dass die Medien in der Schweiz insgesamt einen guten Job machen. Sogenannter Hofjournalismus oder übertriebenen Alarmismus haben wir nicht festgestellt. Zudem haben die Medien dazugelernt. Sie ordnen zum Beispiel Zahlen zur Pandemie häufiger ein. Die Problemzone bleibt die Vielfalt. Unsere Daten zeigen, dass Experten und Expertinnen aus dem medizinischen Bereich eine hohe Resonanz erhalten. Obwohl die Pandemie praktisch alle Bereiche der Gesellschaft betrifft. Zudem haben die Medien zu Beginn der Pandemie ihre Frühwarnfunktion ungenügend wahrgenommen.

Medien sollten sorgfältig abwägen, welches Gewicht sie welchem Akteur geben.
Autor: Daniel Vogler

Vielfalt ist aber gerade in diesem Zusammenhang auch ein zweischneidiges Schwert. Häufig wurde von der sogenannten False Balance gesprochen. Wissenschaftliche Zusammenhänge werden durch die Gleichberücksichtigung von Pro und Contra so dargestellt, dass sie im Fachdiskurs umstritten sind. Dies, obwohl unter der grossen Mehrheit der Wissenschaftlerinnen ein Konsens herrscht. So entsteht auch bei den Mediennutzenden das Bild, dass wissenschaftliches Wissen beliebig interpretierbar ist. Medien sollten deshalb sorgfältig abwägen, welches Gewicht sie einzelnen Akteuren und Positionen in ihrer Berichterstattung geben.

Sehen Sie kommunikativen Handlungsbedarf bei den Akteuren im Kampf gegen Falschinformationen, Propaganda und Agitation?

Unsere Forschung zeigt, dass sogenannte Desinformation in der Schweiz sichtbarer geworden ist. Gemäss unserer Studie ist rund die Hälfte der Bevölkerung der Meinung, dass Falschinformation eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Eine gut informierte Bevölkerung ist sicher das beste Abwehrmittel gegen Desinformation. Ebenfalls wichtig ist aber auch eine stringente und transparente Krisenkommunikation seitens der Behörden. Da gehört es auch dazu, Fehler offen einzuräumen. Die Kommunikation zu den Masken, deren Wirkung zu Beginn der Pandemie in Abrede gestellt wurden, ist ein gutes Beispiel für eine missglückte Kommunikation auf Kosten der Glaubwürdigkeit.

Das Gespräch führte Michael Fröhlich

SRF News, 15.12.2021, 13:50 Uhr ; 

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