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Ohne öffentliche Ausschreibung 10 Jahre lang: Beamter kaufte regelwidrig Büromöbel

  • Beim Kauf von Büromaterial hat ein Beamter der Stadt Bern gegen die Beschaffungsregeln verstossen.
  • Zwischen 2015 und 2024 hat er zahlreiche Aufträge ohne öffentliche Ausschreibung vergeben – zu überhöhten Preisen.
  • Der Stadt dürfte ein grosser finanzieller Schaden entstanden sein, zeigt eine Administrativ­untersuchung.
  • Der verantwortliche Mitarbeiter wurde per sofort freigestellt.

Der Mitarbeiter von Logistik Bern hat während knapp zehn Jahren diverse Büromöbel bestellt – «freihändig unter Umgehung des Wettbewerbs und zu überhöhten Preisen», schreibt die Stadt Bern.

Beamte hatte enges Verhältnis zu Firma

Erst ein interner Hinweis aus der Verwaltung machte auf die Verstösse aufmerksam. Eine externe Administrativuntersuchung bestätigte, dass ein Beamter von Logistik Bern gegen die Einkaufs-Regeln verstossen hatte.

Er bestellte bei einer Firma, mit der die Stadt einen Rahmenvertrag für Pulte und Tische abgeschlossen hatte, immer wieder anderes Büromaterial wie Bürostühle, und zwar ohne den Auftrag öffentlich auszuschreiben oder Konkurrenzofferten einzuholen. Die Preise für die Büromöbel waren dabei überhöht. Zum Inhaber dieser Firma hatte der Beamte ein enges persönliches Verhältnis.

Grosser Schaden für Stadt Bern

Die Stadt Bern geht davon aus, dass ihr «ein namhafter finanzieller Schaden» entstanden ist. Die genaue Höhe des Schadens könne jedoch nicht beziffert werden, sagt die Stadtberner Finanzdirektorin Melanie Mettler: «Im Nachhinein ist es unmöglich festzustellen, welche Preise man in diesen zehn Jahren bei einer anderen Firma bekommen hätte.»

Vier von insgesamt zehn Jahren wurden untersucht. Alleine in dieser Zeit seien Aufträge ohne Wettbewerb in der Höhe von 1.6 Millionen Franken vergeben worden.

Bei Verträgen hat man geschrieben, es sei absolutes Stillschweigen zu wahren.
Autor: Dr. Ueli Friederich Leiter der Administrativuntersuchung

Der verantwortliche Mitarbeiter habe vorsätzlich und wider besseren Wissens gehandelt. Die Verhandlungen zwischen dem Beamten und dem Unternehmen seien zum Teil unter dem Siegel der Vertraulichkeit gewesen, erklärt der Rechtsanwalt Ueli Friederich, externer Leiter der Administrativuntersuchung: «Bei Verträgen hat man geschrieben, es sei absolutes Stillschweigen zu wahren.»

Leerer Büroraum mit Computern auf Schreibtischen.
Legende: Die Stadt Bern hat zwei Rahmenverträge, die den Einkauf und Lieferung von Büromobiliar regeln. KEYSTONE/Gaetan Bally (Symbolbild)

Es gebe viele Indizien, mit denen man klar sieht, der Beamte habe auch versucht, anderen Informationen vorzuenthalten. Dabei sei er an Sitzungen auch aggressiv und laut geworden.

Genaues Motiv bleibt unklar

Dass der Beamte eine enge persönliche Beziehung zum Inhaber der Büromaterial-Firma hatte, sei klar, sagt Ueli Friederich. Was der Beamte aber davon hatte, die Aufträge unter der Hand weiterzugeben, sei unklar: «Die Motivation bleibt letztlich im Dunkeln. Wir haben keine Hinweise darauf, dass Gelder geflossen sind.»

Möbelfirma: «Normale Kundenbeziehung»

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Der Inhaber der betroffenen Firma hat gegenüber SRF bekräftigt, nichts Falsches gemacht zu haben:

«Es handelte sich aus meiner Sicht um eine normale Kundenbeziehung. Meine Firma hat nicht gegen geltendes Recht verstossen.»

Diese Befangenheit sei problematisch, aber es habe keine Hinweise auf ein strafrechtlich relevantes Verhalten gegeben. Der Beamte wurde per sofort freigestellt.

Die internen Kontrollsysteme haben nicht gegriffen.
Autor: Melanie Mettler Finanzdirektorin Stadt Bern

Aber auch die Aufsicht der Stadt habe jahrelang versagt, räumt Finanzdirektorin Melanie Mettler ein: «Die internen Kontrollsysteme haben nicht gegriffen. Das ist nicht zufriedenstellend. Das haben wir das entsprechend gerügt und eingefordert, dass dies nicht mehr passiert.»

Die Stadt will nun weitere grössere Rahmenverträge überprüfen, ob da alle Regeln eingehalten werden und es «keine grundsätzlichen rechtlichen Defizite» gibt.

Weko schaltet sich ein

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Neben dem finanziellen Schaden sei auch ein Reputationsschaden entstanden, schreibt die Stadt Bern.

Einerseits habe es Reklamationen von Firmen aus dem Büromobiliarmarkt gegeben. Andererseits habe sich auch die Eidgenössische Wettbewerbskommission Weko eingeschaltet. Sie habe Hinweise erhalten, dass eine einzige Firma vermutlich aufgrund persönlicher Verbindungen bevorzugt worden sei.

Die Stadt habe der Weko aufzeigen können, dass bereits eine eigene Untersuchung im Gange ist. Über die Ergebnisse und die Massnahmen wird die Stadt auch die Weko informieren.

Regionaljournal Bern ; 

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