Ein trauriger Rekord: Noch nie wurden den Behörden so viele pädokriminelle Inhalte im Internet gemeldet wie im letzten Jahr: 1399 Fälle musste das Bundesamt für Polizei (Fedpol) dazu den Kantonen weiterleiten – 17 Prozent mehr als 2020 und sogar doppelt so viele wie im Jahr 2019. Seit einigen Wochen gibt es nun eine neue, private Meldestelle, die gegen Pädokriminalität im Internet vorgehen will: Clickandstop.ch, ein gemeinsames Projekt von Kinderschutz Schweiz und der Guido-Fluri-Stiftung.
Viele Leute möchten es in so einer Sache lieber nicht mit den Behörden zu tun bekommen, sagt Regula Bernhard Hug. Die Leiterin des Kinderschutzes Schweiz ist auch für die neue Meldestelle Clickandstop.ch verantwortlich und sagt: «Wir holen die ab, die nicht zur Polizei wollen.»
Das können etwa IT-Fachleute sein, die bei ihrer Arbeit auf pädokriminelles Material stossen und ihren Mitarbeiter oder ihre Mitarbeiterin nicht verpfeifen wollen oder sich vor der Reaktion der Vorgesetzen fürchten. Es können auch Eltern sein, die entsprechendes Material auf den Smartphones ihrer Kinder entdeckt haben.
Sind die kleinen Kantone überfordert?
Clickandstop.ch leitet das gemeldete Material anonym den zuständigen Behörden weiter. Sichten dürfen es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Meldestelle aber nicht, denn sonst würden sie sich selbst strafbar machen. In den umgrenzenden Ländern sei das anders, sagt Regula Bernhard Hug, da gebe es Ausnahmeregeln für Organisationen wie Clickandstop.
Und auch sonst sei man im Ausland oft besser aufgestellt als in der Schweiz, wo der Föderalismus die effektive Bekämpfung der Pädokriminalität im Internet erschwere: «Bei einem Delikt, das so grenzenlos ist, ist es nicht zielführend, die Kompetenz zu dessen Bekämpfung an kleine territoriale Einheiten abzugeben.» Die viel gehörte Kritik: gerade kleine Kantone seien mit der Bekämpfung der Pädokriminalität im Internet oft überfordert.
Serdard Günal Rütsche leitet das Netzwerk NEDIK (siehe Kasten) und kennt als Chef Cybercrime des Kantons Zürich auch die Arbeit der Kantone. Zumindest in Zürich könne von Überforderung keine Rede sein. Und dank dem NEDIK funktioniere auch der Informationsaustausch über die ganze Schweiz hinweg sehr gut.
Doch Günal Rütsche weiss, dass sich die Behörden im Kampf gegen Pädokriminelle im Internet nie ausruhen können, zu schnell würde sich die Lage dort verändern, zu schnell entstünden neue Möglichkeiten und Kanäle, um entsprechendes Material zu verbreiten.
Behörden haben mehr Möglichkeiten als Private
Die Behörden würden heute schon sehr viel unternehmen, betont Serdar Günal Rütsche – das Internet sei in der Schweiz kein rechtsfreier Raum, auch nicht für Pädokriminelle. Doch er sieht noch Potenzial für Verbesserungen: «Luft nach oben ist vorhanden. Darum sind wir dran, unsere Strukturen jetzt entsprechend zu verbessern.»
Informell ist zu hören, das NEDIK könnte sich so weiterentwickeln, dass eine private Organisation wie Clickandstop.ch schliesslich überflüssig würde. Leiterin Regula Bernhard Hug würde das sogar freuen, denn den Behörden stünden ganz andere Mittel und gesetzliche Grundlagen zur Verfügung als einer privaten Organisation wie Clickandstop.
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