- Im Zentrum des neuen Gesetzes steht ein automatisches lebenslanges Tätigkeitsverbot für Berufe mit Kontakt zu Minderjährigen für einschlägig vorbestrafte Täter.
- Dank einer Härtefallklausel kann der Richter bei besonders leichten Fällen auf ein Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen verzichten.
- Liebesbeziehungen zwischen Heranwachsenden und jungen Erwachsenen werden nicht speziell geregelt, sondern allenfalls per Härtefallklausel.
- Mit dem Einlenken des Nationalrats ist die Vorlage zur Umsetzung der Pädophilen-Initiative bereit für die Schlussabstimmung.
Das neue Gesetz: Wer wegen Pädophilie verurteilt wurde, soll nie mehr mit Kindern arbeiten dürfen. National- und Ständerat haben letzte Differenzen bereinigt und das Gesetz zur entsprechenden Volksinitiative angenommen. Die letzte Diskussion drehte sich um die sogenannte Jugendliebe. Diese soll nicht wörtlich als Ausnahmefall ins Gesetz aufgenommen werden. Die Mehrheit der beiden Ratskammern ist der Ansicht, die Liebesbeziehung zwischen einem gerade erst Erwachsenen und einer noch knapp Minderjährigen dürfe nicht bestraft werden. Im Gesetz sei aber eine Ausnahme für Härtefälle vorgesehen, die Jugendliebe brauche deshalb keine spezielle Erwähnung.
Der grosse Knackpunkt: Unabhängig von den Umständen des Einzelfalls muss gemäss Initiative einschlägig vorbestraften Täter jegliche Tätigkeit mit Minderjährigen und Abhängigen verboten werden. Das vom Gericht ausgesprochene Strafmass spielt keine Rolle. Das verletzt den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.
Härtefallklausel: Mit der Härtefallklausel will das Parlament keine Verhältnismässigkeitsprüfung durch die Hintertür einführen. Absurde Urteile oder besonders stossende Verletzungen des Verhältnismässigkeitsprinzips sollen aber vermieden werden. Keine Ausnahme darf das Gericht bei klinisch pädophilen Straftätern machen oder bei Verurteilten, die sich besonders schwere Delikte zu Schulden kommen liessen.
Das führt zum lebenslangen Verbot: Das Gesetz enthält einen umfassenden Katalog von Straftaten, die ein lebenslanges Verbot von beruflichen Tätigkeiten oder organisierten ausserberuflichen Tätigkeiten mit Minderjährigen zur Folge haben. Dazu gehören zum Beispiel sexuelle Handlungen mit Kindern, Kinderpornografie, sexuelle Belästigung von oder Exhibitionismus vor Minderjährigen. Auch die Tätigkeit mit besonders schutzbedürftigen Opfern wird einschlägig verurteilten Tätern verboten. Das können Kranke, psychisch oder geistig Beeinträchtigte oder zum Widerstand unfähige Personen sein. Den Vorschlag des Bundesrats, Tätigkeitsverbote nach einer gewissen Zeit zu überprüfen und allenfalls aufzuheben, lehnte das Parlament ab.
Besonders leichte Fälle: In der Botschaft erwähnte der Bundesrat denkbare Beispiele für besonders leichte Fälle, darunter den Verkauf eines Magazins mit expliziten Darstellung an einen Minderjährigen oder das Herumzeigen von Sexvideos mit kinderpornografischem Inhalt unter Jugendlichen. Erwähnt ist auch der Fall einer Frau, die sich von ihrem Ehemann vor den Augen der minderjährigen Babysitterin anstössig begrabschen liess. Diese Beispiele bleiben umstritten. Solche oder ähnliche Fälle müssen vielleicht dereinst von den Gerichten beurteilt werden.
Die Jugendliebe: Unbestritten ist aber, dass die Jugendliebe zwischen jungen Erwachsenen und bereits jugendlichen Kindern einen besonders leichten Fall darstellt. Auf die ausdrückliche Verankerung der Jugendliebe als Ausnahme im Gesetz wird jetzt verzichtet. Befürworter aus SP, Grünen und FDP hatten vergeblich vor Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheit gewarnt. Natalie Rickli (SVP) als eine der Wortführerinnen der Initiative hielt eine ausdrückliche Bestimmung für unnötig, da neben der Jugendliebe ohnehin keine anderen Ausnahmen denkbar seien.