Ruth Schütz aus Aarburg scannt ein Paket nach dem anderen. Die Ware wird erfasst und sortiert. Um fünf Uhr hat sie angefangen, um neun Uhr ist die erste Pause. Gegessen hat sie bis dahin noch nichts. Die Päckchen-Flut im Verteilzentrum der Post in Härkingen (SO) wird und wird nicht weniger.
«Wir alle sind langsam am Anschlag», sagt Ruth Schütz. An den beiden vergangenen Wochenenden hat sie gearbeitet. Und am Ostersamstag müssen wieder alle ran. Rund 40 Prozent mehr Pakete liefert die Post derzeit aus. 850'000 Tag für Tag.
Die Post-Angestellten gehen ans Limit. Das kennen sie zwar auch von der Weihnachtszeit. Aber dann wird das Personal im Verteilzentrum entsprechend aufgestockt. Das geht diesmal nicht. Wegen der Corona-Pandemie muss ein Mindestabstand von zwei Metern eingehalten werden. Das Personal ist ausgedünnt.
«Die Leute sollen verständnisvoll sein»
Eine Situation, die von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alles abverlangt. Dennoch beschweren sich manche Post-Kunden, wenn ein Paket zu spät bei ihnen eintrifft. Ruth Schütz ärgert sich darüber. «Die Leute sollen verständnisvoll sein», sagt sie. «Das ist nicht schön, wenn sie reklamieren, falls die Ware zu spät kommt.»
Distributionsleiter Manfred Ramseier redet seinen Angestellten gut zu. Es gilt, durchzuhalten, bis sich die Lage entschärft. «Wir müssen zu unseren Leuten Sorge tragen», sagt er. «Sonst haben wir bald kein Personal mehr.» Viele bleiben schon jetzt wegen der Corona-Krise zu Hause. Sie sind krank, gehören einer Risikogruppe an oder betreuen ihre Kinder daheim.
Paketbote Peter Kaufmann hat an diesem Tag dreihundert Pakete in seinem Lieferwagen verstaut. Eine erhebliche Menge. Wenn er sie in den zehn Stunden Dienstzeit nicht alle verteilen könne, kehre er mit dem Rest zurück in die Verteilzentrale, sagt er. Er fügt an, das sei noch nie passiert, bisher habe er immer alles geschafft. Doch an dem Tag, als die «Rundschau» ihn auf seiner Tour begleitet, kehrt er mit rund einem Drittel der Ware ins Verteilzentrum zurück. Er war einfach zu viel.
Notlösung bewilligt
Marco Kohler arbeitet in Härkingen bei der Paketsortierung. Er ist jung und fit. Die Arbeit bei der Post erledigt er gern. Aber auch er stösst an seine Grenzen. Seine Schicht beginnt um fünf und dauert bis halb vier am Nachmittag. Dazwischen gibt es zwei Pausen. Seine Handgelenke sind eingebunden, Schulter und Füsse tun ihm weh. «Man macht hier 18 bis 20 Kilometer am Tag», sagt er. «Das spürt man extrem.»
Weniger Personal, mehr Pakete. Es ist ein Spagat, den die Post derzeit machen muss. Damit die Post die Pakete bearbeiten kann, hat der Bund als Notlösung einen Antrag der Post gutheissen. Befristet für eine Woche dürfen Pakete kontingentiert werden. Das heisst, die Versandhändler können nur einen Teil ihrer Pakete bei der Post aufgeben.