Im Frühling kam im Kantonsspital Baden so etwas wie Zuversicht auf. «Nachdem die zweite Welle im Februar 2020 abgeklungen ist, hoffen wir, dass der Albtraum Pandemie schon bald durch Massnahmen und Impfungen bewältigt werden kann», schrieb der Verwaltungsrat im Geschäftsbericht Ende 2020.
Unterdessen ist aber klar: Die Fallzahlen steigen wieder stark an, und damit auch die Zahl der Patientinnen und Patienten in den Spitälern.
Dr. Andrée Friedl ist Chefinfektiologin am Kantonsspital Baden (KSB). Sie warnt seit letzter Woche: Wir stecken in der vierten Welle. Zu alarmistisch? Friedl erlebt die Coronasituation tagtäglich im Spital. Diese sei momentan beherrschbar, aber die Bedenken, in einer ähnlichen Situation wie in der zweiten Coronawelle zu landen, seien da, warnt die leitende Ärztin.
Viele Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt
Wer landet denn wegen Covid-19 momentan im Kantonsspital Baden? «Der allergrösste Teil ist ungeimpft. Es sind jüngere Patienten als in der zweiten Welle», so Friedl. Neun von zehn Covid-Patienten sind nicht geimpft. Die Altersspannweite dieser Patienten liegt im Kantonsspital Baden bei 40 bis 65 Jahren. Oft seien es Ferienrückkehrer oder auch Personen mit Migrationshintergrund. Von zehn Betten auf der Intensivstation sind in Baden momentan sieben mit Covid-Patienten belegt.
Der allergrösste Teil ist ungeimpft.
Und das bedeutet für die Betroffenen: «In einem solchen Fall ist man sehr schwer krank, braucht Betreuung durch spezialisierte Pflegende und Ärzte, wird potenziell beatmet und benötigt Medikamente», führt Friedl aus. Das Spitalpersonal sei müde und würde sich gerne wieder um andere Fälle als Coronakranke kümmern. Pflegende und Ärzteschaft seien Profis und würden sich natürlich trotzdem um alle kümmern, auch wenn ein gewisses Unverständnis aufkomme.
Viele haben sich nicht um einen Impftermin gekümmert.
Der Grund, weshalb weiterhin so viele Patientinnen und Patienten wegen Covid-19 ins Spital müssen: Viele hätten einfach «den Kopf in den Sand gesteckt» und nichts mehr über Corona hören wollen, weiss Friedl aus Gesprächen mit Erkrankten. «Sie haben es verpasst, sich zu impfen, haben sich nicht um einen Impftermin gekümmert. Unter den aktuellen Patienten hat es bei uns wenig echte Impfgegner dabei.»
Auch Coronaleugner seien selten: «Wir hatten einzelne Personen, die Covid-19 hatten und sehr schwer krank waren. Trotzdem sagten sie: Covid gibt es nicht. Sie haben uns bis zum Schluss nicht geglaubt.» Solche Personen versucht Friedl nicht zu überzeugen. Man schüttle den Kopf, aber eine kleine, laute Minderheit könne man wohl nicht umstimmen, glaubt sie.
Man zähle momentan im KSB zwar auch vereinzelt Geimpfte unter den Patientinnen und Patienten, erklärt Friedl. Solche Impfdurchbrüche seien aber selten – gemäss Zahlen des Bundesamtes für Statistik liegen sie lediglich bei 10 Prozent. Gründe dafür gebe es verschiedene: Das Virus zirkuliere sehr stark, die Delta-Variante sei ansteckender als die Ursprungsvariante des Virus, das alles spiele mit, heisst es beim Badener Spital.
Nun gelte es die ungeimpften, schlecht informierten Personen zu erreichen. Mit Aufklärungsarbeit und Fakten könne man oft Verunsicherten die Ängste nehmen, weiss Chefinfektiologin Friedl aus Erfahrung. So hofft sie, dass die Bewältigung der Pandemie – wie sie dem Verwaltungsrat des Spitals beim Verfassen des Jahresberichts für 2020 vorgeschwebt hat – dank der Impfung doch noch erreicht werden kann.