- Nationalratsmitglieder, die wegen einer angeordneten Covid-19-Isolation oder Quarantäne verhindert sind, sollen künftig in Abwesenheit abstimmen können. Das entschied der Nationalrat.
- Das Abstimmen von zu Hause aus soll bereits ab der nächsten Woche möglich sein – vorausgesetzt, der Ständerat stimmt ebenfalls zu.
Initiiert hatte das Projekt die Staatspolitische Kommission des Nationalrats. Sie arbeitete eine dringliche Änderung des Parlamentsgesetzes aus, damit die Teilnahme von Nationalratsmitgliedern an Abstimmungen möglich wird, die sich zu Hause in Isolation oder Quarantäne befinden.
Abbruch der Session verhindern
Es könne nicht angehen, dass administrative Anordnungen gegenüber Nationalrätinnen und Nationalräten eine Verzerrung in der Stimmgewichtung herbeiführten, argumentierte eine Kommissionsmehrheit. Es gehe um eine «zentrale chirurgische Operation am Parlamentsrecht», sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).
Ein Abbruch der Session wie im Frühling sei mit allen Mitteln zu verhindern, fand Céline Widmer (SP/ZH). «Das Parlament ist systemrelevant und hat eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber der Regierung.» Man dürfe sich in der aktuellen Situation nicht zu sehr auf die physische Präsenz versteifen.
Das neue Gesetz sei ein Must, kein Nice-to-have. «Gerade in dieser Krisenzeit ist es unerlässlich, dass wir tagen können.»
SVP kritisiert Ungleichbehandlung
Die SVP-Fraktion lehnte die Vorlage ab. Sie ist der Ansicht, dass der Grundsatz der physischen Teilnahme an den Ratssitzungen nicht «in einem unüberlegten Eilverfahren» ausser Kraft gesetzt werden sollte, wie ihr Sprecher Gregor Rutz (ZH) sagte. Die Vorlage sei unausgegoren und verfassungswidrig.
«Weshalb soll jemand mit einem Beinbruch nicht abstimmen können, jemand in Quarantäne aber schon?», fragte Rutz. «Das ist eine unwürdige Bastelarbeit. Die Schweiz würde nicht untergehen, wenn wir einmal nicht tagen.» Zudem beinhalte die parlamentarische Arbeit mehr als nur das Abstimmen, etwa die Teilnahme an Debatten und Sitzungen.
Schliesslich nahm der Nationalrat die Vorlage mit 123 zu 62 Stimmen bei 5 Enthaltungen an. Nein stimmten neben der SVP wenige Vertreterinnen und Vertreter der FDP- und der Mitte-Fraktion.
Das Gesetz soll nur für den Nationalrat und maximal für ein Jahr gelten. Die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK-S) hatte eine gleiche Regel für die kleine Kammer abgelehnt. Damit abwesende Nationalrätinnen und -räte von zu Hause aus abstimmen können, braucht es dennoch grünes Licht vom Ständerat. Dieser entscheidet voraussichtlich am Mittwoch über die Vorlage.