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Parlament will mehr Ärzte «Bis jetzt haben wir das nur an Leichen gesehen»

Warum ist das Medizinstudium so teuer und aufwendig? Wir begleiten eine Medizinstudentin in ihrem Alltag.

«Es ist mega spannend, das an einem echten Menschen zu spüren, das haben wir bisher nur an Leichen gesehen», entfährt es Sabine Held.

Sie lernt im Anatomiepraktikum zusammen mit drei Kollegen, wie sich die Halswirbelsäule verhält. Sie studieren im dritten Jahr Medizin.

Ich stelle es mir als unglaublich sinnstiftenden Beruf vor.
Autor: Sabine Held Medizinstudentin

«Das sind die Lerneinheiten, bei denen man am meisten mitnimmt. Wir können anwenden, was wir in den Vorlesungen gelernt haben und was wir dann in der Praxis wirklich machen», so Sabine Held.

Jede Medizinstudentin, die ihr Studium abschliesst, kostet die Universität eine halbe Million Franken.

Sabine Held möchte unbedingt Ärztin werden: «Ich stelle es mir als unglaublich sinnstiftenden Beruf vor, weil man Leuten helfen, Schmerzen lindern und im besten Fall sogar Leben retten kann.»

Frau führt Nackenuntersuchung bei Mann durch.
Legende: Sabine Held beim Anatomiepraktikum mit einem Kommilitonen. SRF

An der Uni Bern bewerben sich pro Jahr rund 1000 Personen um 320 Studienplätze in der Human- und 40 in der Zahnmedizin.

Bereits 2016 hatte der Bund beschlossen, mehr Ärzte auszubilden und unterstützte die Kantone und Universitäten mit 100 Millionen Franken zusätzlich. An der Uni Bern bedeutet das: zusätzliche 100 Studierende. Mit diesen neuen Studienplätzen bildete die Schweiz letztes Jahr 1284 neue Ärzte aus. Gleichzeitig kommen mehr als doppelt so viele ausgebildete Ärzte aus dem Ausland in die Schweiz.

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Legende: 2011 wurden erst 795 Schweizer Ärztinnen und Ärzte ausgebildet, mit dem Programm des Bundes konnte die Zahl auf 1284 gesteigert werden. BAG

Deshalb hat der Ständerat – nach dem Nationalrat – eine Motion angenommen, die den Bundesrat auffordert, ein nationales Gesetz zu erarbeiten, damit in der Schweiz mehr Ärztinnen ausgebildet werden können. Neben einer Stärkung der Hausarztmedizin brauche es auch mehr Praktikumsplätze, sagte etwa die Berner SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen. «Da kann der Bund mit den Kantonen zusammen Verantwortung übernehmen und auch Geld in die Hand nehmen.»

Eine bürgerliche Minderheit hat sich gegen den Vorstoss gewehrt. Auch der Bundesrat war gegen die Motion, mit dem Argument, die Studienplätze seien Sache der Kantone und ihrer Universitäten.

Uni Bern bereits am Limit

An der Universität Bern ist man sich bewusst, dass es mehr Ärztinnen braucht. Doch ein Ausbau der Studienplätze wäre teuer und würde zulasten der Qualität des Studiums gehen, erklärt Lehrdekan Roman Hari von der Medizinischen Fakultät der Universität Bern.

«Wir haben schon ab dem ersten Studienjahr Hausarztpraktika. In diesen werden die Studierenden eins zu eins betreut. Dort sind wir an einem Kapazitätslimit.» Zudem gebe es räumliche Probleme, beispielsweise Infrastrukturprojekte, die länger dauern als geplant. «Wir verdauen immer noch die letzte Studienplatzerhöhung von vor zehn Jahren», sagt Hari.

2.5 Jahre zum Voraus beworben

Auch Sabine Held hat gemerkt, dass sie sich frühzeitig um Praktika bewerben muss. «Man hört von den Mitstudierenden, welches die beliebten Orte sind. Ich habe mich 2.5 Jahre im Voraus für eine Praktikumsstelle als Unterassistenz beworben.» Sie sei glücklich, dass es geklappt habe.

An Vorlesungen liessen sich durchaus mehr Studierende unterbringen.
Legende: An Vorlesungen liessen sich mehr Studierende unterbringen. Im Medizinstudium braucht es aber auch die Betreuung in kleineren Gruppen. SRF

Wir begleiten Sabine Held an eine klassische Vorlesung. Hier wäre es möglich, mehr Studierende unterzubringen. Die Vorlesungen werden auch elektronisch aufgezeichnet und können zeitversetzt geschaut werden. Doch viele Lehrveranstaltungen finden in Kleingruppen statt, wie die Übung, die als Nächstes stattfindet.

Hier werden fiktive Patientenbeispiele besprochen. Solche Tutorien brauchen Platz und Betreuungspersonen, und sie kosten. Die grosse Frage ist also, woher das Geld kommen soll und wie mehr Praktikumsplätze geschaffen werden können.

10vor10, 19.3.2025, 21:50 Uhr

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