Die Endresultate sind da. Die Selbstbestimmungsinitiative wurde mit 66,2 Prozent abgelehnt. Bei den meisten Parteien herrscht breite Zufriedenheit. Bei der SVP gehts ans Wundenlecken – könnte man meinen. Doch deren Parteipräsident sagt, er blicke trotz der Niederlage gelassen in die Zukunft.
«Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung», so Albert Rösti. Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht sei aufgrund der Abstimmung breit diskutiert worden. «Das sehe ich als Erfolg.» Gerhard Pfister von der CVP glaubt hingegen nicht, dass die Initiative, die die SVP an die Urne brachte, wirklich einem Problem entsprach.
Die Bevölkerung habe ein hohes Vertrauen in die direkte Demokratie und die Institutionen, sie habe nicht die Kündigung der Menschenrechte gewollt. Im Gegenteil: «Sie will sie erhalten», so Pfister. Petra Gössi freut sich ebenfalls über das Resultat, «vor allem, dass es so klar war». Ihre Partei habe nach Anlaufschwierigkeiten ihre Argumente platzieren können, das habe gewirkt.
Levrat kritisiert Verhalten beim Migrationspakt
SP-Präsident Christian Levrat findet deutlichere Worte: Der Angriff auf die Menschenrechte sei gescheitert. Das Nein zur Selbstbestimmungs-Initiative sei eine Bestätigung dafür, dass ein Land wie die Schweiz angewiesen sei auf die internationale Zusammenarbeit und darauf, Verträge einzuhalten. Es brauche «internationale Lösungen für globale Probleme», zitiert er Merkel.
Und er ruft dazu auf, dass sich die Mitteparteien weniger von der SVP einschüchtern lassen sollten – zum Beispiel beim Migrationspakt. Die FDP sei in dem Punkt eingeknickt. Damit sticht Levrat in ein Wespennest.
Denn Gössi lässt das nicht auf sich sitzen. Die FDP sei nicht «eingeknickt». Die Meinungs- und Medienfreiheit komme mit dem Pakt unter Beschuss. Die SP solle besser ihre Diskussionsverweigerung bei den flankierenden Massnahmen aufheben. Wegen ihr sei das Rahmenabkommen mit der EU blockiert.
Ohne Sozialpartner kein Durchbruch möglich
Levrat entgegnet, man könne über alles diskutieren, aber nicht über den Lohnschutz. «Nicht in einem Land mit so hohen Löhnen und einer so hohen Zuwanderungsrate.» Auch Pfister ist nicht begeistert vom Stand der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU. «Wenn die Sozialpartner nicht hinter dem Bundesrat stehen, ist es aus meiner Sicht illusorisch, zu meinen, man gewinne so eine Volksabstimmung.»
Ein Nein zur Selbstbestimmungs-Initiative sei aber kein Ja zum Rahmenabkommen oder zu Migrationspakt, hält Pfister fest. Im Moment sehe es nämlich nicht so aus, als ob die berechtigten Anliegen der Arbeitnehmerschaft gewährleistet seien. Die CVP werde mit der Bevölkerung schauen, ob der Rahmenvertrag mehr Vorteile oder Nachteile bringe.
Levrat ist skeptisch: Die Mitteparteien würden unter dem Druck der SVP bestimmt einmal mehr einlenken, befürchtet er. «Sie lernen es nie.»