Hero ist 1886 in Lenzburg als Konservenfabrik für Früchte und Gemüse entstanden. Damals haben zwei ehemalige Schulkameraden die «Conservenfabrik Lenzburg, Henckell & Zeiler» gegründet. Sie wollten Lebensmittel auch ausserhalb der Ernte haltbar machen. 1948 gelang Hero dann ein weiterer Innovationswurf: Fleischkonserven in der Dose.
Als «Italianità aus der Dose» wurden die Büchsen-Ravioli damals verkauft. Werbespots wurden im Kino gezeigt, die Lenzburger Erfindung eroberte die Schweizer Küchen. Hero lancierte das Produkt auch deshalb, um die Maschinen ausserhalb der Ernte-Saison besser auszulasten. Nun ist das Fertigprodukt 75 Jahre alt.
Einfaches kochen für Männer?
Der Werbeslogan in den 50er-Jahren lautete: «Onkel Otto kocht selber.» Weil man die Ravioli nur wärmen muss, konnten neu auch Männer ein Menü auf den Tisch zaubern, so die Aussage der Werbeaktion. Für die Lebensmittelfirma Hero gelten die Ravioli auch heut noch als «zeitloser Klassiker».
Die aktuelle Jubiläums-Werbekampagne versucht das Kultprodukt auch bei einem jüngeren Publikum wieder bekannt oder beliebt zu machen: «Ändlich wieder single. Ravioli, heiss gliebt sit 75 Johr» steht aktuell auf Schweizer Plakatwänden.
Für die einen sind Büchsen-Ravioli eine Kindheitserinnerung, andere wiederum erinnern sich an den Ravioli-Skandal. 1978 untersuchte die Sendung Kassensturz Büchsenravioli. Sie fand in einem Produkt einer inzwischen verschwundenen Firma Schweineköpfe, Magen, Herz und Lungen.
Auch Hero war von diesem Skandal betroffen, erlitt Umsatzeinbussen, wehrte sich und drohte mit einer Millionenklage. Am Schluss einigten sich Hero und der Kassensturz aussergerichtlich.
Heute besteht Hero darauf, dass für ihre Ravioli ausschliesslich Eier aus Freilandhaltung und für die Füllung nur Schweizer Rind- und Schweinefleisch verwendet wird. Das Geheimnis des Geschmacks würde in der speziellen Kräuter-Gewürzmischung und der Tomatensauce liegen, so Hero.
Die quadratischen Teigtaschen in der Dose haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Heute werden sie nicht mehr in der Fabrik in Lenzburg produziert, hier werden nur noch Konfitüre-Portionen hergestellt. Die Hero-Ravioli werden zwar noch nach Originalrezept, aber im Auftrag der Liechtensteiner Firma Hilcona hergestellt.
Tessiner stehen nicht auf Büchsen-Ravioli
Hero habe getestet, ob die Rezeptur der Ravioli geändert werden soll, sagt Nadja Kooistra, die bei Hero für Ravioli zuständig ist. Die Reaktionen auf die Tests seien aber negativ gewesen. Rund sechs Millionen Dosenravioli werden in der Schweiz jährlich verkauft. Der Umsatz stagniert aber damit.
Dosenravioli gehören nicht zur Tessiner Kultur.
Vor allem in der Deutsch- und Westschweiz verkauft sich das Kultprodukt nach wie vor. Im Tessin laufe der Verkauf schlechter, sagt Nadja Kooistra von Hero. «Im Tessin und in Italien werden Ravioli traditionsgemäss von Mamma oder Nonna gemacht. Dosenravioli gehören dort nicht zur Kultur.»
Um den heutigen Essensgewohnheiten Rechnung zu tragen, hat Hero zusätzlich zu den klassischen Eier-Ravioli mit Fleisch neue Sorten erfunden, etwa vegetarische oder vegane Ravioli. An der Originalverpackung, den unverkennbaren quadratischen Teigtaschen in Tomatensauce, hat die Firma aber auch bei diesen «zeitgemässen» Ravioli nur wenig geändert.