Die im Volksmund genannten «Sugus»-Häuser im Stadtzürcher Kreis 5 sind wegen ihrer zentralen Lage beliebt und gelten als preiswert. Für 100 Mietparteien in drei der insgesamt neun Gebäude auf dem Röntgenareal haben diese Vorteile nun aber ein jähes Ende. Bis Ende März 2025 müssen sie ausziehen. Die Eigentümerin der drei Liegenschaften will eine Totalsanierung durchführen. Das Nachrichtenportal tsri.ch berichtete am Dienstag als erstes über den Fall.
Betroffener über die Kündigung: «Der totale Schock»
SRF liegt das Schreiben der zuständigen Verwaltung, der Allgood Property AG, vom 26. November vor. Darin heisst es, dass tiefgreifende Instandsetzungsarbeiten an den Ende der 1990er-Jahre errichteten Häusern «unumgänglich» seien. Das habe die Eigentümerin entschieden.
Eine Kündigung hat auch ein Bewohner, der mit Radio SRF spricht, erhalten. Michael Müller (Name geändert) lebt seit zehn Jahren in der Siedlung. «Montagmittag klingelte der Pöstler, alle mussten runter. Zuerst dachten wir, es sei eine Mietzinserhöhung. Aber dann haben wir gemerkt, dass es eine Kündigung war.» Die Leute seien fassungslos gewesen. Manche hätten nur noch geweint, sagt Müller gegenüber Radio SRF. «Es ist der totale Schock.» Insgesamt dürften über 250 Personen von der Leerkündigung betroffen sein.
Im Schreiben der Verwaltung heisst es, dass zum Beispiel Küchen und Bäder erneuert werden müssten. Zudem würden Grundrissänderungen vorgenommen. Gegenüber SRF widerspricht Müller der Darstellung der Verwaltung. «Uns wurde gesagt, die Häuser seien in einem ‹unhaltbaren Zustand›, den man den Mietern nicht zumuten könne – aber das stimmt überhaupt nicht. Hier ist alles in Ordnung.»
Was den Betroffenen besonders ärgert: Noch im September hatte die Verwaltung offenbar anders kommuniziert – nämlich, dass keine Totalsanierung anstehe, kleinere Anpassungen wohl aber zu einer Mietzinserhöhung führen würden.
Mieterverband kritisiert Leerkündigung
Mit der Kündigung auf Ende März 2025 umzugehen sei die «totale Überforderung», sagt der zweifache Familienvater. «Es ist gar nicht möglich, bis dann etwas zu finden.»
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Bild 1 von 5. Wer regelmässig mit dem Zug nach Zürich fährt, hat sie bestimmt schon gesehen: Die gelben, orangen oder grünen Häuser kurz vor dem Hauptbahnhof. Im Volksmund werden die markanten Gebäude wegen ihrer Farben auch «Sugus»-Häuser genannt. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Hinter den markanten Bauten steht der Architekt Leopold Bachmann. (Bild: 28.10.2000). Bildquelle: KEYSTONE/Martin Ruetschi.
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Bild 3 von 5. 19.3 Millionen Franken zahlte Bachmann laut der NZZ 1998 für das Areal an die damalige Eigentümerin, die SBB. Die Baukosten betrugen 95 Millionen Franken. (Bild: 28.10.2000). Bildquelle: KEYSTONE/Martin Ruetschi.
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Bild 4 von 5. In Interviews aus der Zeit der Jahrtausendwende erklärte Leopold Bachmann, dass er kostengünstig bauen wollte. (Bild: 28.10.2000). Bildquelle: KEYSTONE/Martin Ruetschi.
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Bild 5 von 5. Im Jahr 2000 wurden die «Sugus»-Häuser fertiggestellt. (Bild: 28.10.2000). Bildquelle: KEYSTONE/Martin Ruetschi.
Das sieht auch Larissa Steiner vom Mieterverband Zürich so. Sie spricht von einem «sehr stossenden Fall». Die Leerkündigung sei sehr kurzfristig erfolgt – nämlich mit der gesetzlichen Mindestfrist von drei Monaten. «Die Mieterinnen und Mieter haben Anfang Dezember die Kündigung per Ende März erhalten. Das gibt Ihnen gut drei Monate, um eine Alternative zu suchen. Das ist absolut unmöglich.»
Leerkündigungen seien bei Sanierungsvorhaben zwar grundsätzlich zulässig, so die Juristin. Bei der Besichtigung der betroffenen Wohnungen habe sich aber gezeigt, dass diese nicht in einem sanierungsbedürftigen Zustand seien. Es stelle sich die Frage, ob nicht schlicht «Profitgier» hinter dem Manöver stecke.
Wie teuer die Wohnungen nach der Sanierung sein werden, ist noch unklar. Ein Vertreter der Simo Immobilien AG, die für die Verwaltung der anderen Häuser auf dem Röntgenareal zuständig ist, erklärt gegenüber SRF, dass die Mietpreise für die 1.5- bis 5.5-Zimmer-Wohnungen momentan zwischen CHF 1000 und CHF 2300 liegen.
Die Solidarität unter den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern sei riesig, sagt Michael Müller. Man helfe sich gegenseitig und prüfe nun juristische und politische Schritte.
Mitarbeit: Mayra Schmidt, Andrea Thurnherr