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«Pest oder Cholera» Waldenburg BL darf Schwimmbad behalten – dank Steuererhöhung

  • Der Kanton Basel-Landschaft hatte Waldenburg ultimativ vor die Wahl gestellt, entweder die Steuern zu erhöhen oder das Freibad zu schliessen.
  • Grund für das Ultimatum: Waldenburg hat das Gemeindevermögen aufgebraucht und schreibt seit Jahren rote Zahlen.
  • Die Gemeindeversammlung hat darum am Montagabend beschlossen, die Steuern um 2.5 Punkte auf 72 Prozent zu erhöhen.
Hauptstrasse in Waldenburg
Legende: Früher ein wichtiger Ort an einer Jura-Pass-Hauptachse, hat Waldenburg nach dem Autobahnbau und dem Wegzug grosser Firmen an Bedeutung verloren. SRF/Roger Lange

Schon bisher lag der Waldenburger Gemeindesteuersatz über jenem aller anderen 85 Baselbieter Gemeinden. Jetzt hat die Gemeindeversammlung die Erhöhung mit 80 gegen 39 Stimmen bei 10 Enthaltungen deutlich beschlossen. Das neue Budget, das der Kanton verlangt hatte, kam noch klarer durch.

Ich finde es nicht ganz fair, der Gemeinde das Messer an den Hals zu setzen.
Autor: Stimmberechtigter von Waldenburg

Beide Optionen, die Steuern zu erhöhen oder die Badi zu schliessen, waren für Gemeindepräsidentin Andrea Sulzer unerfreulich: «Pest oder Cholera, das ist nun einfach unsere Situation.»

Ein Mann kritisierte den Kanton: «Ich finde es nicht ganz fair, der Gemeinde das Messer an den Hals zu setzen. Das Schwimmbad ist ein Herzstück dieser Gemeinde.» Ein anderer meinte: «Das ist eine Frechheit.»

Finanzdirektor des Kantons eingeladen

Den Ernst der Lage unterstrich die Anwesenheit des Baselbieter Finanzdirektors Anton Lauber. Er sagte zum Bilanzfehlbetrag der Gemeinde: «Wenn Waldenburg eine private Firma wäre, müsste sie Konkurs anmelden.»

Gemeindeversammlung in der Turnhalle Waldenburg
Legende: 140 Personen drängten sich in die Turnhalle, um mitzuentscheiden. SRF/Claudia Kenan

In der dicht bestuhlten Turnhalle war Resignation spürbar – die Diskussion blieb angesichts der Umstände sachlich und kurz. Ein Votant sagte: «Diesen Schritt müssen wir gehen, auch mit der Faust im Hosensack.» Ein anderer lobte den Gemeinderat, dieser tue alles, um die Finanzlage zu verbessern. Zu hören war ausserdem die Hoffnung, dass die Steuern dereinst wieder gesenkt werden.

Ich bin froh, dass die Vernunft gewonnen hat.
Autor: Andrea Sulzer Gemeindepräsidentin von Waldenburg BL

Nach dem klaren Ja atmete Andrea Sulzer auf: «Ich bin enorm froh, dass die Vernunft gewonnen hat.» Es sei schön, dass die Gemeinde nicht einfach regiert werde, sondern die Bevölkerung selber entschieden habe, Verantwortung zu übernehmen und in den sauren Apfel zu beissen.

Waldenburg schreibt seit 2020 Bilanzfehlbeträge. Das kantonale Recht verlangt, dass solche innert fünf Jahren abgebaut werden müssen. Diese Frist ist Ende 2024 abgelaufen.

Immobilien versilbern soll helfen

Die Gemeinde hatte zwar versucht, zu sparen. Sie baute Personal bei der Verwaltung und bei der Hauswartung ab und kürzte beim Schwimmbad die Öffnungszeiten. Doch das reichte nicht; die Kantonsregierung lehnte im Dezember das erste Gemeindebudget mit einem Defizit von 44'000 Franken ab – ein Zehntel des Vorjahresdefizits.

Das neue Budget 2025 sieht nun einen kleinen Überschuss von rund 70'000 Franken vor, dies bei einem Gesamtertrag von knapp 6.5 Millionen.

Waldenburg BL
Legende: Trüber Finanzhimmel über Waldenburg: Die Gemeinde unter dem Hauenstein-Pass braucht Mehreinnahmen. SRF/Roger Lange

Auch nach der Steuer-Weichenstellung ist der Waldenburger Finanzhimmel noch nicht rosig; Der Spardruck hält an. Die Gemeinde hofft zudem auf neue Zuzüger, die Steuer-Mehreinnahmen bringen würden. Überdies will sie laut Gemeindepräsidentin Andrea Sulzer unternutzte kommunale Gebäude verkaufen.

Regionaljournal Basel Baselland, 11.2.2025, 6:31 Uhr ; 

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