«Es kann nicht sein, dass Mitarbeitende im Gesundheitswesen, ausbaden müssen, was sie nicht verschuldet haben.» Diese klare Haltung vertritt Marcel Marti, stellvertretender Geschäftsführer des Verbands Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte VSAO. Zusammen mit dem Berufsverband der Pflegenden SBK, wendet er sich an die Schweizer Spitäler.
«Gewisse Spitäler setzen sich über den rechtlichen Rahmen hinweg»
«Grundsätzlich ist das Nacharbeiten von Arbeitsstunden zu unterlassen», heisst es im Brief, der dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 vorliegt. Auf Anfrage ergänzt Jean-Pière Wagner vom SBK, dass man die Spitäler daran erinnern wolle, wo die rechtlichen Grenzen gesetzt seien: «Leider müssen wir gewisse Institutionen daran erinnern, sich an die rechtlichen Rahmenbedingungen zu halten.» Die Tendenz sei, dass sich gewisse Spitäler über gesetzliche Rahmenbedingungen hinwegsetzten.
Die Minusstunden beim Gesundheitspersonal, so eine ergänzende Forderung, seien «ausdrücklich» als sogenannter Annahmeverzug zu registrieren. So wie es im Arbeitsgesetz geregelt sei. «Das unternehmerische Risiko, das Gesundheitspersonal nicht beschäftigen zu können, muss der Arbeitgeber tragen», erklärt Marcel Marti vom VSAO.
Spitalverband will weiter verhandeln
Der Verband der Spitäler H+ will «Espresso» kein Interview geben. Schriftlich teilt die stellvertretende Direktorin mit, dass der VSAO gemeinsame Gespräche in dieser Sache abgebrochen habe. «H+ hat Verständnis für das eilige Vorgehen des VSAO, will aber zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Kommentare abgeben, um die Chancen beim Neuanfang der Verhandlungen nicht zu kompromittieren.»
Gesundheitspersonal als Manövriermasse
Die Arbeitsbedingungen im Pflegeberuf und auch bei gewissen Ärztegruppen ist seit Jahren ein Thema. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei nur schwer gegeben. Wenn nun das Gesundheitspersonal unverschuldete Minusstunden nacharbeiten müsste, sei dies eine Zumutung. Mit einer solchen Idee würden Spitäler dem Gesundheitspersonal signalisieren: «Du bist eine frei verschiebbare Manövriermasse», sagt Jean-Pière Wagner vom Pflege-Berufsverband. «Das ist ein absoluter Motivationskiller.»